neue Gesellschaft
für bildende Kunst
ABGESAGT: Teilnahme an der Langen Buchnacht 2023 (Statement)
Samstag, 03. Juni 2023, 18:00 UhrGeöffnet:
Sprache(n): Deutsch
Eintritt: frei
Veranstalter_in: neue Gesellschaft für bildende Kunst
Statement zur Absage der Teilnahme an der Langen Buchnacht 2023
Liebe Veranstaltungsorte der Langen Buchnacht in der Oranienstraße 2023,
die nGbK nimmt seit vielen Jahren an der Langen Buchnacht in der Oranienstraße teil. Dieses Jahr hat sich der Kunstverein in Absprache mit den von ihm eingeladenen Autor_innen allerdings entschieden, sich nicht zu beteiligen und seine geplante Veranstaltung zu Verdrängungsprozessen in der Oranienstraße aus Protest gegen die Teilnahme des Immobilienkonzerns Pandion an der Langen Buchnacht abzusagen.
Denn einer der Veranstaltungsorte der Langen Buchnacht ist das ehemalige Autohaus und die Werkstatthalle in der Prinzessinnenstraße 21, die Pandion als Teil einer temporären Zwischennutzung über seine Plattform Transiträume betreibt. Dort plant Pandion, ab 2024 Luxusimmobilien zu bauen. Der Konzern ist kein Unbekannter in Kreuzberg: 2018 kaufte er das ehemalige Robben & Wientjes-Gelände an der Prinzenstraße, wo er zwei hochpreisige Gewerbeimmobilien baute. Auch damals vermietete er vor Baubeginn die alten Werkstätten als Zwischennutzung an Kulturschaffende. Das Kalkül dabei ist klar: der Immobilienentwickler erhofft sich durch die kurzfristige kulturelle Nutzung eine symbolische Aufwertung des Standorts und stellt sich dabei als sozialer Akteur dar, obwohl die hochpreisigen Neubauten den Verdrängungsdruck im Kiez weiter erhöhen. Pandion inszeniert Zwischennutzungen als Lösung für ein Problem, an dessen Schaffung die eigene Spekulation mit Immobilien maßgeblich beteiligt ist.
Die nGbK ist nicht bereit, diese Strategie des Artwashings zu normalisieren und die Teilnahme eines Immobilienkonzerns als Veranstaltungsort der Langen Buchnacht zu akzeptieren. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass die nGbK im Juli nach über 30 Jahren endgültig ihren Standort in der Oranienstraße 25 verlieren wird, nachdem das Haus 2019 an eine Luxemburger Briefkastenfirma verkauft worden ist. Der Buchladen Kisch&Co musste bereits 2021 aus der O25 ausziehen. In der Oranienstraße und dem Umfeld findet ein regelrechter Austausch der Gewerbemieter_innen statt. Damit werden nicht nur Menschen verdrängt, es gehen auch Netzwerke und soziale Beziehungen verloren, die für den Kiez wichtig sind.
Auf diese Zusammenhänge hat die nGbK die Organisator_innen der Langen Buchnacht hingewiesen und sie aufgefordert, Pandion auszuschließen. Da die Organisator_innen nicht zu diesem Schritt bereit waren, wird die nGbK sich von der Langen Buchnacht 2023 zurückziehen und ruft die anderen Veranstaltungsorte dazu auf, sich ebenfalls gegen diese Entwicklung in der Stadt zu stellen. Ebenso fordert sie die Veranstaltungsorte auf, die Situation mit den eingeladenen Autor_innen zu diskutieren.
Es geht dabei nicht darum, den Dialog mit den vielen wichtigen Veranstaltungsorten und Autor_innen zu unterbinden, sondern darum, sich gegen die fortschreitende Verdrängung zu positionieren, die durch die rücksichtslose Immobilienspekulation im Kiez immer weiter befeuert wird. Denn es sind gerade diese Entwicklungen, die die Vielfalt im Kiez und darüber hinaus bedrohen und so ein Zusammentreffen unterschiedlicher Erfahrungsräume – nicht nur auf der Bühne und in der Galerie, sondern auch auf der Straße und in der Nachbarschaft – langfristig verhindern. Dies werden wir auf einer alternativen Veranstaltung im Herbst thematisieren.
Mit freundlichen Grüßen
der Koordinationsausschuss der nGbK und die eingeladenen Autor_innen (Sonja Hornung, Ulrike Jordan, Dagmar Pelger, Daniele Tognozzi, Naomi Hennig, Joerg Franzbecker, Anna Heilgemeir, Stefan Endewardt).
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