Ankunftsstadt

2021 Typ: Glossar

Migration hat die Stadtgesellschaft von Berlin immer schon geprägt. Die Herausforderung für Städte wie Berlin, so der Journalist und Migrationsexperte Doug Saunders in seinem Buch „Arrival City“, sei, ihre Rolle in den globalen Netzwerken der Migration zu verstehen und anzunehmen. Berlin durchläft laut Saunders eine änliche Entwicklung wie Istanbul, Delhi oder Peking: Die Städte waren und werden zu „Ankunftsstädten“, wo Migrant_innen und geflüchtete Menschen versuchen, ihren Platz zu finden. Zu Städten, die es in der Hand haben, diese Suche zu erleichtern oder zu erschweren. Der Kontext Migration, Asyl, Exil und die Frage, wie Berlin nicht nur zu einer Stadt des Ankommens, sondern auch zu einer Stadt des Bleibens im positiven Sinn werden kann, ist deshalb zentral für die Urbane Praxis. Konkret besteht eine solche Praxis etwa im Aufbau von Knotenpunkten für Kunst, Kultur und Begegnung, an denen sich mit einem Fokus auf Diversität, Mehrsprachigkeit und der künstlerischen Selbstrepräsentation Gemeinschaften etablieren können. Im Sinne von Arrival (Ankunft) ermöglichen diese offenen Begegnungsräume auch das „Reclaimen“ des öffentlichen Raums für eine diverse Stadtgesellschaft. Eine solche machtkritische, zugängliche und ressortübergreifende Netzwerkarbeit kann als zentraler Bestandteil einer Urbanen Praxis verstanden werden, die eine Stadt des Ankommens, eine „Stadt für Alle“ fördert. Ein Projekt wie Berlin Mondiale versteht sich beispielsweise als Netzwerk, das vor allem aus Künstlerinnen und Praktikerinnen mit Fluchtbiografie und engagierten Beteiligten verschiedener Berliner Kultureinrichtungen besteht. Mit solchen künstlerischen Netzwerken versucht die Urbane Praxis in kulturell und sozial eher dünn aufgestellte Sozialräume zu gehen und mit lokalen Akteur_innen aus den Nachbarschaften Räume für strukturell und institutionell benachteiligte Communities / Gruppen und Praktiker_innen zu öffnen.

Dr. Sabine Kroner ist Politologin und promovierte Migrationsforscherin. Seit 2015 ist sie Projektleiterin der Berlin Mondiale, einem berlinweiten Netzwerk von Kulturpraktiker_innen und Künstler_innen der Urbanen Praxis im Kontext von Migration, Asyl und Exil.