Edge City / Outer City

2021 Typ: Glossar

Für viele Planer_innen und Architekten_innen stellt die kompakte „Europäische Stadt“ inzwischen eine überholte Form dar. Die zentrumslose Peripherie als zukünftige städtische Siedlungsform gewähre, so Cedric Price, den mobilen und autonomen Individuen einen optimalen Entfaltungsraum: „Die Suburbs sind eher in der Lage, auf neue menschliche Wünsche zu reagieren und sich diesen anzupassen. Die Innenstädte werden zweifellos als Disneylands enden, wenn sie es nicht bereits sind.“ Diese Aufwertung der Peripherie unterscheidet sich deutlich von früheren Wahrnehmungsweisen. Noch in den 1970er Jahren hatten viele Urbanisten die schläfrige Monotonie des suburbanen Raums beklagt und die Vitalität der traditionellen Städte gepriesen. Doch nun gilt bei einem Teil der Urbanistik „Post-Suburbia“ als Inbegriff der ökonomischen Prosperität und sozialen Dynamik. 

Angesichts solcher Urbanisierungsprozesse hat die internationale Stadtforschung eine Reihe von Begriffen erfunden: Edge City (Garreau 1991), Technoburb (Fishman 1991) oder Zwischenstadt (Sieverts 1997). Welche Aussagekraft die einzelnen Modelle auch immer haben mögen, auf jeden Fall stehen sie als Indikatoren für eine veränderte urbane Realität: Zentrum und Peripherie sind nun als relationales Modell räumlicher Beziehungen zu verstehen, die sich in nicht eindeutig voraussagbaren konkreten Formen manifestieren (Cluster, Knoten, Patchwork). Durch solche Prozesse werden städtische „Einheiten“ aufgelöst und in übergreifende Strukturen integriert. Die bislang monozentrisch strukturierten Agglomerationen haben sich zu diffusen und polyzentrischen Gebilden transformiert, die aus einem Geflecht unterschiedlichster Standorte bestehen.

Damit verändert sich auch die Bedeutung von „innen“ und „außen“: Die Metropole wird von innen nach außen gestülpt, Zentralität wird virtuell allgegenwärtig und es entsteht eine räumliche Konfiguration, die Edward Soja 1992 unter dem Begriff Exopolis zusammenfasst.

Klaus Ronneberger ist freier Publizist und einer der Kurator*innen von Plâce International: Die 73 Tage der Commune oder der lange Wellenschlag der Revolution am FFT Theater Düsseldorf. Er ist Autor von Peripherie und Ungleichzeitigkeit. Pier Paolo Pasolini, Henri Lefebvre und Jacques Tati als Kritiker des fordistischen Alltags (Adocs 2015); 1968 und die urbane Revolte, in: Johannes Porsch, Hedwig Saxenhuber, Georg Schöllhammer (Hg.): Wer war 1968? (Salzburg 2018).