Zeitlichkeit

2021 Typ: Glossar

… ist eine Haltung der Urbanen Praxis. „Auf Zeit“ versteht sie es, sich einzunisten; sie nutzt die Lücke, findet die Nische, lädt ein zu „Pioniernutzungen“, aus denen wohlmöglich sogar eine regelrechte „Realitätsumnutzung“ wird.
Für einen Moment, für eine Weile, aber eben nicht „für immer“ findet sie darin gleichsam „immer wieder aufs Neue“ ihre Mitstreiter_innen als Ausdruck einer Freiheit, die sie in die Lage versetzt, wirklich zu improvisieren, eine Kreativität zu entfalten, die eigene Fragen stellt und Vorschläge entwickelt.
Michel de Certeau nennt solche Vorgehensweisen in seiner Kunst des Handelns von 1980 „… vielgestaltig, resistent, listig und hartnäckig, die der Disziplin entkommen, ohne ihren Einflußbereich zu verlassen.“ Und weiter heißt es dazu in dem Kapitel ‚Vom Konzept der Stadt zu urbanen Praktiken‘: „Indem die funktionalistische Organisation den Fortschritt (die Zeit) privilegiert, läßt sie sogar ihre Entstehungsbedingung in Vergessenheit geraten, nämlich den Raum selber, der zum Unbedachten, zum blinden Fleck einer wissenschaftlichen und politischen Technologie wird.“
Dieser „Umgang mit dem Raum“, der „tatsächlich die determinierenden Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens bestimmt“, ist Gegenstand unseres Interesses und ein „Material“ der Urbanen Praxis, zu dessen Bearbeitung nicht nur ein spezieller „Werkzeugkasten“notwendig ist, sondern mitunter auch eine „Komplizenschaft“ mit Verwaltung, Eigentum und Politik.
Urbane Praxis braucht einen „langen Atem“, denn die Stadt kennt keinen Stillstand; eine „Pause“ müssen wir (gemeinsam) selbst gestalten.

ftts / Todosch Schlopsnies: Seit 2015 arbeiten die Architektin und Grafikerin Federica Teti und der Bildhauer und Performer Todosch Schlopsnies in partizipativen Strukturen mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen (mit und ohne Fluchthintergrund). In Workshops unterschiedlicher Formate wird gebaut, gegärtnert, erfunden und gespielt. Im Vordergrund steht, neben der unmittelbaren Erfahrung kultureller Teilhabe über alle Herkunfts- und Sprachgrenzen hinweg, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, was man alleine nie hinkriegen würde und außerdem großen Spaß macht. Seit 2020 künstlerische Leitung von Pilot Stadtwerk mrzn (S27).