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Über CCC

Curating through Conflict with Care (CCC) ist eine nGbK-Arbeitsgruppe und
ein kollektives Forschungsprojekt unter Leitung von Maithu Bùi, Ayasha Guerin, Moshtari Hilal und Duygu Örs
*.

Die Mitglieder der Gruppe arbeiten und organisieren sich über eine Vielzahl von Sprachen und Grenzen hinweg, um die Rolle und die Verantwortlichkeiten kuratorischer Praxis zu erforschen, die nach dem Verständnis der Gruppe voller Widersprüche der Fürsorge ist. Sie behandeln „den Konflikt“ oder „den Widerspruch“ als Methode, um die Paradoxe des inklusiven Kuratierens zu identifizieren und zu enthüllen, und stützen sich auf zeitgenössische Fallstudien, um zu erkunden, wie sie bewährte Praktiken und bestehende Debatten voranbringen können. Im August 2023 kuratierten sie eine Reihe von Workshops und veranstalteten ein dreitägiges Symposium in Berlin für junge Kunstschaffende aus ganz Europa, um Erfahrungen und Strategien zur Bewältigung von Konflikten am Arbeitsplatz auszutauschen. Mit dem Start dieser Online-Plattform sind die Aufzeichnungen und kollaborativen Erkenntnisse dieses Treffens, sowie zusätzliche Materialien in verschiedenen Formaten für alle zugänglich. Sie werden als kollektive Ressource mit dem Ziel geteilt, Erfahrungen und Wissen zu verbinden und Strategien zu verbreiten, die Kunstschaffende dabei unterstützen, den Wandel in der Kunstwelt zu gestalten.

*Von Januar 2021 bis Juni 2022 war Sophya Frohberg als aktives Mitglied beteiligt, von Januar bis April 2021 Viviane Tabach.
**Alle hier veröffentlichten Texte spiegeln die Meinung der jeweiligen Autor_innen und Arbeitsgruppenmitglieder wider und sind mit der des Vereins nicht deckungsgleich.

© Logo und Bilgestaltung lotsofbroth (Tessa Curran)

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Curating through Conflict with Care, 2022

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Curating through Conflict with Care, 2022

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Skript und Regie: Curating through Conflict with Care (Ayasha Guerin, Moshtari Hilal, Maithu Bùi, Duygu Örs)
Schnitt: Alice Z Jones
Sound Design: Pamier Hilal
Animation und Logo: Tessa Curran

Wir befinden uns in keinem sterilen Raum, in keinem Vakuum, unberührt von der Außenwelt. Und doch meinen viele, die Kunst könnte frei von Konflikten sein, wir könnten sie vermeiden, indem wir sie unausgesprochen lassen. 

Doch diese Konflikte werden nicht erst durch ihr Aussprechen geschaffen und sind nicht von unserer materiellen Realität zu trennen. Sie führen bis in die Ausstellungsräume und Podiumsgespräche, in die Arbeitsverträge und die Rohstoffe unserer Kunstwerke.

Curating Through Conflict with Care, kurz CCC, ist ein kollektives Forschungsprojekt. Gemeinsam als Kunst-Arbeiter_innen suchen wir nach kuratorischen Strategien und Methoden im Umgang mit Konflikten im Kunstbetrieb. Wir wollen aus der Logik der Schadensbegrenzung ausbrechen. 

Dabei nehmen wir unsere Erfahrungen mit Rassifizierung und Marginalisierung als Ausgangspunkt der Analyse und bearbeiten beispielhafte Konflikte, um besser zu verstehen, welche Machtfragen unbeantwortet bleiben.

Wann stört Kritik und wen stört sie? 
Welche Konflikte sind Kämpfe um Ressourcen? 
Wer kann Konflikte überdauern?
Und wessen Existenz steht auf dem Spiel? 
Welche Konflikte dienen der Ausgrenzung? 
Wer darf und kann wann, worüber sprechen 
und mit welcher Selbstverständlichkeit?

Ein Konflikt wird wahrgenommen als ein Hindernis, eine Störung der Beziehungen. 
Konflikte sind eine Aushandlung und Ausübung von Machtverhältnissen. 
Sie sind selten isoliert, sondern bilden zusammen einen Kontext, ein System und Atmosphären.
Wir wollen diese Zusammenhänge kenntlich machen, und gemeinsam lernen sie zu durchbrechen. 

Konflikte sind auch keine vereinzelten Kontroversen.
Doch immer wieder werden Menschen, die Probleme erkennen und benennen, zum Problem gemacht.
Es heißt, der Ton, Raum oder Zeitpunkt sei unpassend. 

In Wirklichkeit sind Konflikte flüchtige Symptome tieferer Verhältnisse. Wir arbeiten in und aus ihnen heraus. 

Die zeitgenössische kuratorische Praxis ist voller Widersprüche der Fürsorge. 
Selbst der Begriff „inklusives Kuratieren“ scheint in sich widersprüchlich.
Das Auswählen und Auslassen bleibt dem Kuratieren inhärent. 

Wir fragen: Wenn Kuratieren „Fürsorge/Care-Arbeit“ bedeutet, um wen und was kümmern sich dann Kurator_innen?

Kuratieren sollte kollektive Ziele unterstützen statt eigennützige Karriemodelle.
Für CCC bedeutet Kuratieren sich um Konflikte zu kümmern und ihnen Zeit und Raum mit Betroffenen zu geben.
Dabei sollte Kuratieren nicht kontrollieren, sondern kontextualisieren. 

Wir fragen nach den Gründen für Konflikte und suchen die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Perspektiven. Wie können wir Konflikten aufrichtig begegnen? 

Kurator_innen sind Vermittler_innen. Sie vertreten und verteilen Macht, Raum und Sichtbarkeit im Kunstbetrieb. Sie interagieren zwischen Institutionen, Künstler_innen und der Öffentlichkeit. Die Rolle und Verantwortung der kuratorischen Praxis muss untersucht und gemeinsam neu gestaltet werden. 

Die kuratorische Praxis wird, auch aufgrund ihrer Außenwahrnehmung, als elitär angesehen. Nur wenige haben Zugang. Und obwohl mehr und mehr Kunst-Arbeiter_innen mit historisch ausgeschlossenen Perspektiven den Kunstbetrieb betreten, werden sie dennoch allein gelassen. Sie werden intellektuell diskreditiert und ökonomisch ausgenutzt. Ohne strukturelle und methodische Veränderungen bleiben Atmosphären erhalten, die machtkritische Arbeit verhindern. 

CCC lädt BIPOC-Künstler_innen, Organisator_innen und interessierte Einzelpersonen zur kollektiven Forschung ein. 
Während des Retreats geht es um Methoden und Strategien der kuratorischen Arbeit im Umgang mit Konflikten.  
Es werden Workshops, Vorträge und Diskussionsrunden mit uns und Mentor_innen stattfinden, aber auch Teilnehmende sind eingeladen, ihre Arbeit und Erfahrungen zu teilen. 

Wir wollen wissen: 

Was braucht es, um sich in dieser Branche gut aufgehoben zu fühlen und handlungsfähig zu bleiben? 
Wie wurde in der Vergangenheit mit Konflikten am Arbeitsplatz umgegangen? 
Wie kann unser Arbeitsbereich mehr Verantwortung für die Geschichte von Kolonialismus, Faschismus, Diskriminierung und Ausbeutung übernehmen?

Das Ziel ist es, 
Erfahrungen und Wissen miteinander zu teilen, 
Strategien zu diskutieren 
und Kunst-Arbeiter_innen zu helfen 
einen Wandel in der Kunstwelt mitzugestalten.

Gemeinsame Ergebnisse und Erkenntnisse werden im Anschluss für alle zugänglich und als kollektive Ressource auf unserer Plattform geteilt.

Wir laden Menschen aus der Praxis ein, die Erfahrungen mit Rassismus und darüber hinaus Klassismus, Trans- und Queerfeindlichtkeit, Sexismus und strukturelle Diskriminierung im Kunstbetrieb gemacht haben. Wir wollen bewusst diese Perspektiven zusammenbringen und den Umgang mit Konflikten stärken. 

Curating through Conclict with Care, 2022
Written and directed by Curating through Conflict with Care
(Ayasha Guerin, Moshtari Hilal, Maithu Bùi, Duygu Örs)
Editing by Alice Z Jones
Sound Design by Pamier Hilal
Animation and Logo by Tessa Curran

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

CCC Symposium Programm 2023

Symposium Curating through Conflict with Care

Die nGbK-Arbeitsgruppe „Curating through Conflict with Care“ (CCC) lud vom 4. bis 6. August 2023 zu einem dreitägigen Sommersymposium ein.

Das Symposium nutzte Konflikte und Widersprüche als Methodik, um die Paradoxien des inklusiven Kuratierens zu identifizieren und zu bearbeiten. CCC behandelte diese Kontexte als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von Best Practices und bestehenden Debatten über kuratorische Verantwortung. Die nGbK-Arbeitsgruppe lud Arbeiter_innen aus der Kunst zum Austausch ein, um die Rolle der Kurator_in weiterzuentwickeln und zeitgenössischen Herausforderungen zu begegnen. Gemeinsam sollten Erfahrungen und Ideen zu (außer)institutionellen Veränderungen gesammelt werden, die Fürsorge in den Mittelpunkt stellen. Das Programm war in drei Themenbereiche gegliedert: Am Freitag ging es um das Thema Kuratieren, Samstag um Konflikt und am Sonntag um Care-Arbeit.

Über einen Open Call konnten sich alle bewerben, ob als Mitwirkende im Programm oder nur Zuhörende. Ein Großteil der Plätze wurde für BIPoC-Teilnehmende reserviert, die sich selbst als solche identifizieren. Damit wurde sichergestellt, dass diejenigen, die aufgrund von Diskriminierung, Zugangsschwierigkeiten und Unerschwinglichkeit von diesen Räumen ausgeschlossen sind, die Möglichkeit erhielten, diese Arbeit gemeinsam zu erkunden. 

„Kuratieren“ verlernen & Hierarchien in der Kunstwelt aufbrechen
mit CCC (Ayasha Guerin, Duygu Örs, Maithu Bùi, Moshtari Hilal) 
Wir werden uns selbst, unser Forschungsprojekt, unsere Struktur und Vision für das Symposium vorstellen. Warum müssen wir das Kuratieren verlernen? Wie können wir die Hierarchien in der Kunstwelt aufheben? Und welche Ressourcen brauchen wir für unsere Arbeit?

Kuratieren in Deutschland
mit Aïcha Diallo, Cate Lartey, Mable Preach
Wie sieht Kuratieren jenseits des deutschen Mainstreams und Kanons aus? Ausgehend von ihrer lokalen Praxis in Berlin, Hamburg, Köln und darüber hinaus teilen die Kurator_innen ihre Erfahrungen mit und außerhalb deutscher Institutionen. Inwieweit können wir die Kolonialität der Strukturen, in denen wir arbeiten, aufheben? Und was bedeutet es, eine Brücke zwischen einer Gemeinschaft und der Institution zu sein?

Alternative kuratorische Methoden  
mit Azadbek Bekchanov, Edna Bonhomme, Mawena Yehouessi, Felisha Maria Carenage
Einblicke und Fragen werdem ausgetauscht, die sich aus der Erfahrung mit alternativen, von Künstler_innen betriebenen Räumen ergeben haben, aus der Mitorganisation von Arbeitsgruppen, die sich mit Fragen der kuratorischen Kontrolle und der kuratorischen Freundlichkeit befassen, und aus Strategien des sorgsamen Umgangs mit Sprache und Kritik im Hinblick auf dekoloniale Methoden für Europas Kultur- und Bildungsräume.

Pflegende Infrastrukturen
mit Sascia Bailer 
„Pflegende Infrastrukturen“ ist ein Konzept, das versucht, strukturellen Barrieren in der Kunst mit Infrastrukturen der Pflege zu begegnen. Es geht darum, verschiedene Elemente des Kuratierens (z.B. Budgetierung, Kommunikation, Sichtbarkeit, Elternschaft, Macht usw.) kritisch zu untersuchen und sie mit einer feministischen Pflegeethik (als demokratische Praxis) neu zu erforschen.

Unthaitled: Som Tam Manifesto (ENG)
mit Mon Sisu Satrawaha 
In diesem Workshop geht es um Pflege durch Wissensaustausch. „Unthaitled“ zielt darauf ab, die Identität der thailändischen Frauen über die Grenzen der Stereotypen des kolonialen Blicks hinaus zu erweitern. Das zentrale Element unserer Erkundung wird das ikonische thailändische Gericht „Som Tam“ sein. Wir werden die komplizierten Geschichten enträtseln, die mit seiner Zubereitung, seinen Zutaten und seiner kulturellen Bedeutung verbunden sind. „Som Tam“ wird zu einem Tor zum Verständnis der vielschichtigen Erfahrungen und Kämpfe thailändischer Frauen im Kontext der Heiratsmigration.

Achtsamkeitsübungen
mit Shivā Amiri
Es ist an der Zeit sich auszuruhen / Ruhe wird uns menschlicher machen / Ruhe als Widerstand / Wir brauchen Ruhe“
(The nap ministry von Tricia Hersey). Ein verkörperter Ansatz für soziale Gerechtigkeit, der die körperbasierte Verbindung zwischen dem Körper und sozialer Gerechtigkeit intersektional betrachtet. Alle sind eingeladen, jeden Morgen an verschiedenen Achtsamkeitsübungen teilzunehmen.

Kollektiver Verhaltenskodex
in Arbeitsgruppen
Ausgehend von den Diskussionen des ersten Tages zielt diese Schreibsitzung darauf ab, das Gelernte in praktische Schritte und Vereinbarungen umzusetzen. Wie könnte ein kollektiver Verhaltenskodex aussehen, der uns hilft, besser zusammenzuarbeiten, Konflikte zu bewältigen und sorgsam mit unseren Ressourcen und unserer Zeit umzugehen?

Konflikt reflektieren
mit Parand Danesh, Rubén Ojeda Guzmán, Hajra Haider Karrar
Ausgehend von ihrer eigenen Praxis und Forschung werfen die Referent_innen einen genaueren Blick auf den Konflikt im herkömmlichen Sinne des Begriffs, wenn es um Militarisierung, Unterdrückung, Krieg und Völkermord geht: Wie befähigen oder behindern die Materialien, die wir verwenden, die Themen, die wir erforschen, die Fördermittel, die wir erhalten, Künstler_innen und die Kulturlandschaft? Wie können wir verantwortungsbewusst recherchieren und kuratieren, während wir mit gefährdeten und unterdrückten Erfahrungen arbeiten? Wie können wir scheinbar isolierte Konflikte kartografieren und verknüpfen, um aus ihren Mustern zu lernen?

Konflikte kuratieren
mit Lama el Khatib, Fogha Mc Cornelius Refem, Cẩm-Anh Lương 
In diesem Austauschkreis wollen wir die Möglichkeiten des konfliktbasierten Kuratierens in der Kunstwelt verstehen. Was sind Bottom-up- und Top-Bottom-Ansätze und was macht den Unterschied aus? Durch die Untersuchung von kuratorischen, kollaborativen und künstlerischen Fällen und Arbeiten wollen wir einen Dialog über gemeinsame Erfahrungen eröffnen und mögliche Strategien finden.

Zensur und Schuldzuweisungen
mit emet ezell, Sinthujan Varatharajah, Zoé Samudzi
Der Preis des Sprechens in der deutschen Öffentlichkeit und die Suche nach einer anderen kulturellen Souveränität werden diskutiert: Wie sieht eine kritische Auseinandersetzung mit Strukturen und Atmosphären des deutschen (Institutionen-) und Kulturbetriebs aus? Welche Opfer- und Legitimationshierarchien lassen sich erkennen und wie werden sie von den Machthabern genutzt? Und inwieweit kann kuratorische und künstlerische Arbeit Integrität praktizieren und verdeckte Zensur umgehen?

Ein Manifest für radikale Pflege oder wie man in der Kunst ein Mensch ist
mit Tian Zhang
Tian Zhang lädt zu einer gemeinsamen Lesung und Diskussion ihres Textes „A manifesto for radical care or how to be a human in the arts“. Dieses Manifest, das sich auf ihre Erfahrungen in der kuratorischen, gemeinschaftlichen und kollektiven Praxis stützt, ist eine Provokation für die Neugestaltung unserer Beziehungen zueinander, zur Arbeit und zur Kunst. Gemeinsam werden wir erörtern, wie diese Prinzipien im Leben und in der Praxis angewendet werden können.

Ein Nachdenken in Übertragungen: Kuration als pflegende Angehörigkeit
mit Feben Amara und Jasmine Grace Wenzel 
Die Gemeinsamkeiten von Kuratieren und Sorgetragen als erhaltende Tätigkeiten haben bereits viel diskursive Aufmerksamkeit erfahren. Dabei spielt jedoch die Pflege von Angehörigen, die auch Zugehörige des Kulturbetriebs tagtäglich leisten müssen, kaum eine Rolle. Kulturarbeiter_innen, die pflegen, bewegen sich permanent zwischen Bewältigung der reproduktiven Arbeit – in und außerhalb des Kulturbetriebs – und der Überwältigung durch diese, die nicht selten den Ausschluss aus den formellen und informellen Netzwerken kultureller Arbeitskontexte einleitet. In diesem Sharing Circle wollen wir uns anhand mitgebrachter Fragen orientieren und uns austauschen. Durch welche strukturellen Veränderungen aber auch kuratorischen Haltungen und Praxis(-entwürfe) ist es möglich, die Angehörigkeit derer Kulturarbeiter_innen zu erhalten, die ihrerseits Andere pflegen? Wie ließe sich Inklusion in diesem Zusammenhang denken und erweitern? Wie könnte ein Einbeziehen solcher Lebensrealitäten in die kuratorische Praxis aussehen? Wir möchten uns gemeinsam der Beantwortung dieser Fragen annähern und durch verschiedene textbasierte Impulse zum Austausch anregen.

Kollektive Stimmen
mit Azul Carolina Duque
Wir werden uns mit unserer Stimme als einem Organ beschäftigen, das kollektiviert werden kann, und wir werden den Klang von einem Ort der „Tiefe“ im Gegensatz zur „Beherrschung“ berühren. Diese Praxis lädt uns ein, unser koloniales Verlangen zu unterbrechen, unsere Stimme für äußere Bestätigung zu nutzen, und stattdessen unsere Körper als Opfergabe in den Dienst der Resonanz zu stellen. Diese Sitzung basiert auf der Vorstellung, dass wir durch das Aufbrechen extraktivistischer Muster der Beziehung zu uns selbst (und zueinander) als Ressource beginnen können, uns wieder darauf zu besinnen, wie wir uns in einer Weise umeinander kümmern“ können, auf die wir besser reagieren können. Wir werden mit den Dissonanzen, der Resonanz und dem (Un-)Gleichgewicht der folgenden Fragen spielen: Wie können wir das Risiko im Verhältnis zur Fürsorge erhöhen? Wie können wir uns dezentrieren, den Lärm entrümpeln und uns von unseren schädlichen Denk-, Gefühls- und Beziehungsweisen lösen? Wie können wir eine politische Praxis der Heilung und des Wohlbefindens verwirklichen?

Künstlerische Antworten auf Konflikt und Fürsorge
mit Yumna al-Arashi, Havin Al Sindy
Wie können wir als Künstler_innen die Konflikte, die uns umgeben, verstehen und verarbeiten? Wie kann das Kunstschaffen ein Denkraum und ein Werkzeug sein, um Konflikte zu bearbeiten, zu kontextualisieren, sich an sie zu erinnern oder sie zu überwinden?

Curating through Conflict with Care, 2022

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ein Gedicht: Miete ist fällig

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Eine polyphone Hypothese

Institutionalisierung des Konflikts

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

Unbehagen Pflegen

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Manufacturing Consent in Deutschland

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Sharing is Caring: Support-Systeme

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Ressourcen für die Finanzierung

Offene Fragen und Wunschliste

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

von Ayasha Guerin (CCC)
2024



Curating Through Conflict with Care (CCC) ist eine Projektgruppe, die sich zu Beginn der Pandemie im Nachgang zu den weltweiten BLM-Protesten bildete. Zu einem Zeitpunkt, als Forderungen nach Dekolonisierung mit „postkolonialen“ Programmen in Bildung und Museen, „divers besetzten“ Führungspositionen und mit neuen öffentlichen Institutionen beantwortet wurden. Man versprach sich mit den Gewalttaten des Kolonialismus auseinanderzusetzen. Es schmerzt, über die Grenzen dieser Versprechen von 2020 nachzudenken. Während wir vier Jahre später in die letzte Phase unseres Projekts gehen, dauert (zum Zeitpunkt als diese Zeilen geschrieben werden) der israelische Militärangriff auf Gaza, Palästina bereits sechs Monate an. Gegen das Leiden und die Tötung von mehr als 33 Tausend Palästinenser_innen haben Millionen von Aktivist_innen weltweit protestiert, während die Südafrikaner_innen (die ihre eigenen Erfahrungen mit Apartheid gemacht haben) diesen Fall vor den Internationalen Gerichtshof gebracht haben und Israel, die USA und die waffenliefernden westlichen Mächte (einschließlich Deutschland) anklagen, Völkermordverbrechen zu ermöglichen. In der Woche, in der wir diesen Text veröffentlichen, wird Nicaragua Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof verklagen und das Land beschuldigen, durch die militärische und finanzielle Unterstützung Israels die Völkermordkonvention zu unterstützen und zu verletzen. In der Zwischenzeit gibt es in Deutschland wenig bis gar keine Medienberichterstattung über diese Anschuldigung und jede Diskussion über diesen gewalttätigen „Konflikt“ wird mit institutionellem Schweigen und Zensur beantwortet [documenta fifteen] [Archive of Silence]. Als Reaktion hierauf  bestreiken Hunderte von internationalen Künstler_innen die deutsche Kulturarbeit und ziehen Ihre Teilnahme an deutschen Ausstellungen und Programmen zurück [Strike Germany].


CCC traf sich im Rahmen des Kurator_innen-Workshops der 11. Berlin Biennale. Dieser stellte zum ersten Mal die Einbeziehung lokaler Kunstschaffender aus der „aufstrebenden Mehrheit“ in den Vordergrund – ein Identitätsmerkmal, das uns bei unserem ersten Zusammentreffen und dem Versuch, gemeinsame Erfahrungen und politische Verpflichtungen zu identifizieren, fast sofort Schwierigkeiten bereitete. Während die BB11 mit dem Titel „Der Riss beginnt im Inneren“ explizit Fragen der Kollektivität und des Durchbruchs untersuchte, wurden die Konflikte, die in der Unbeholfenheit des Workshops auftauchten (hinzu kam, dass sie Corona-bedingt online stattfinden mussten) , von der Mehrheit nicht als die Chancen erkannt, die sie waren. Hätte nicht die Politik erforscht werden können,  die uns alle in Bezug auf Rasse, Privilegien, Ausgrenzung, Plattformbildung und Schweigen in der Kunstwelt beschäftigte? Wir haben uns als CCC abgespalten, um einen Raum zu schaffen, in dem wir gemeinsam darüber nachdenken können, wie wir den Konflikt als Methode nutzen können, um Gewalt in der Kunst zu lokalisieren und zu behandeln, und wie wir – als die, die historisch von formalen Kunsträumen ausgeschlossen sind – uns umeinander kümmern können, während wir den Wandel in Europa und darüber hinaus vorantreiben.


Die Stimmen waren knapp und die Wahl war dramatisch, da sie sich über mehrere Runden von Live-Auszählungen auf Zoom erstreckte, aber mit der Wahl unseres Projekts durch die nGbK-Mitglieder konnten wir die CCC-Forschung mit einem Zweijahresbudget weiterdenken. Die erste Phase unseres Projekts (2021-22) war eine Forschungsphase, in der wir gemeinsam lasen, uns trafen, um Erfahrungen auszutauschen, und spezifische Fallstudien zu kuratorischen Konflikten untersuchten. Der Zeitrahmen für diese Arbeit fiel mit dem Skandal um die kollektive Kuration von Ruangroupa auf der documenta fifteen und den öffentlichen Angriffen auf rassifizierte Künstler_innen, die an dem Kunstfestival teilnahmen, zusammen. Die Konflikte und Widersprüche in der documenta-Fallstudie trieben uns zur Planung unseres Berliner Symposiums im Jahr 2023 an. Wir luden Menschen ein, die die documenta fifteen und andere Kunstzensuren aus erster Hand erlebt hatten. Wir veröffentlichten auch einen offenen Aufruf, um Menschen zu versammeln, die wir noch nicht kannten, die aber ebenfalls an den zentralen Fragen unserer Forschung interessiert waren. 

Bei Klick wird dieses Video von einem externen Servern (Youtube, Vimeo etc.) geladen. Details siehe Datenschutzerklärung.
Skript und Regie: Curating through Conflict with Care (Ayasha Guerin, Moshtari Hilal, Maithu Bùi, Duygu Örs)
Schnitt: Alice Z Jones
Sound Design: Pamier Hilal
Animation und Logo: Tessa Curran

Mit unserem Projektbudget organisierten wir das CCC-Symposium, eine Mini-Residenz, bei der 60 Köpfe drei Tage lang in einem marathonähnlichen Versuch wertvolles Wissen anwenden, Verbindungen schaffen und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen sollten. Für mehr als die Hälfte der Teilnehmenden bedeutete dies, dass sie anreisen und untergebracht werden mussten. Egal, ob sie als Redner_innen oder als aktive Zuhörer_innen mit kleineren Beiträgen teilnahmen, wir zahlten jeder Person ein Honorar  für ihre Zeit und Arbeit. Die meisten Teilnehmer_innen waren zwischen 20 und Anfang 30, und die meisten bezeichneten sich als People of Color. Alle von uns haben in irgendeiner Form in Europa gearbeitet (und die meisten haben einen lokalen Bezug zu Deutschland).




Wir wussten, dass dieses Treffen das erste sein würde, das eine neue Generation von Kunstschaffenden zu privaten Gesprächen über die Themen zusammenbrachte, die uns betreffen. Wir wussten, dass viele Teilnehmer_innen wie wir als Insider und Außenseiter in kulturellen Institutionen agieren: Einige sind unabhängige Kurator_innen, die auch Künstler_innen und Schriftsteller_innen sind, andere sind Museumspädagog_innen, die als Freiberufler_innen für verschiedene Institutionen arbeiten, viele sind Universitätsstudierende und -mitarbeitende der ersten Generation, die ihre kreative Praxis beibehalten, aber Schwierigkeiten haben, sich als „Künstler_innen” zu bezeichnen. Wir alle sind auf unsere Beziehungen zu Institutionen angewiesen, um unsere Miete zahlen zu können, auch wenn sie für uns zutiefst unbequeme Orte sind, an denen wir unsere Arbeit verrichten.




Als wir in den Stunden vor dem CCC-Symposium den Arbeitsraum vorbereiteten, kritzelten wir schnell und impulsiv zwei Fragen auf Gedankenblasen aus Papier und hefteten sie an eine grüne Wand: Was können wir von Institutionen verlangen? Wie können wir uns außerhalb der Institution organisieren?  Dies waren Fragen, die wir in drei Jahren Projektgruppenarbeit intern diskutiert hatten, indem wir Geschichten und Strategien aus unseren jeweiligen Lebens- und Arbeitszusammenhängen verglichen.


Die grüne Wand füllte sich nicht mit direkten Antworten, aber diese Fragen verweilten im Raum, prägten hitzige Debatten, veranlassten Listen, Mindmaps und Provokationen, die die Teilnehmer_innen des Symposiums in Gruppenarbeit erstellten. In mehr als einem Podium entstand eine Kritik an dem Impuls, klare Vorschläge für institutionelle Veränderungen zu formulieren, sozusagen  ein Widerstand dagegen, „die ganze Arbeit für die Institution umsonst zu machen“. Abgesehen von der Frage der Entlohnung waren wir uns einig, dass ein sinnvoller Verhaltenskodex voraussetzt, dass die einzelnen Mitglieder einer Institution Zeit darauf verwenden, ihren eigenen ethischen Kodex zu schreiben und sich diesem zu verpflichten und dass dieser Kodex auf den spezifischen Kontext der Arbeit eingehen sollte. Es gibt keine Einheitslösung für die Dekolonialisierung von Institutionen oder die Implementierung von Fürsorge-Protokollen. Einen institutionellen Verhaltenskodex zu verallgemeinern, würde den Text seines radikalen Potenzials berauben.


Ich dachte an Landanerkennungen, die öffentlich verlauten lassen, dass ein Kunstevent auf gestohlenem Land stattfindet, ohne sich jedoch für die Souveränität der Indigenen Bevölkerung einzusetzen. Landanerkennungen, die in Kanada, wo ich die vergangenen zwei Jahre arbeitete, weit verbreitet sind, können ein wichtiger Schritt in Richtung Versöhnung und Restitution sein, aber ohne Forschung, eine Praxis des Zuhörens und die Zusammenarbeit von und mit Indigenen werden Landanerkennungen zu leeren Skripten, die von gleichgültigen Institutionen recycelt werde. Eher  eine Formalität und nicht eine verändernde Kraft. Azul Dugues Beitrag „Ein Rezept für Landanerkennungen“ ist eine Intervention und lädt uns zu einer anderen Art der Rechenschaftspflicht ein. 



Wir haben zwar eine Liste mit Vorschlägen für ein institutionelles Protokoll zusammengestellt, aber die zweite Frage, nämlich wie wir uns außerhalb von Institutionen organisieren, hat mehr Gedanken und Empfehlungen zusammengetragen. Vielleicht, weil es der Ansatz ist, mit dem wir alle mehr Erfahrung haben (aus der Not heraus) und in den wir daher ein bisschen mehr Hoffnung gesetzt haben. Einige Teilnehmer_innen schlugen vor, dass wir uns nicht die Frage stellen sollten, wie sich eine Institution verhalten sollte, sondern vielmehr, wie wir uns schützen können, wenn wir mit Institutionen zusammenarbeiten, in der Erwartung, dass die überwiegend weiße Kunstinstitution (Predominantly White Art Institution oder PWAI) gewalttätig sein wird. Vielleicht sollten wir einen Fahrplan für das Navigieren durch PWAI-Institutionen schreiben, so etwas wie ein “Art World Greenbook”. [Archive of Silence]


Andere Gruppen fragten sich, ob es richtig sei, diese Themen defensiv anzugehen. Warum sollten wir unsere Strategie als Alternative zu weißen Machtstrukturen definieren? Sollten wir diesen Raum nicht eher nutzen, um weiter zu träumen? Um radikale Forderungen zu stellen und Erwartungen weiter voranzutreiben?


Wir haben viel über Herausforderungen gemeinsamer Arbeit gesprochen. Wir müssen wissen, wo Energie eingesetzt und wann sie gespart werden kann. Koalitionsarbeit ist nicht unvermeidlich [Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen?], und unsere Kapazitäten, diese Arbeit schnell und effizient zu erledigen, sind normalerweise gering. Alle fragten sich: „Warum haben wir keine Gewerkschaft der Kunstschaffenden?“ Und wenn wir eine hätten, welche Dinge könnte diese Gewerkschaft in unserem Namen aushandeln? Wir haben auf unserer Plattform ein Q&A mit Zoë Claire Miller vom BBK, die einer Künstler_innengewerkschaft in Berlin am nächsten kommt, aufgenommen, um einige dieser Fragen zu beantworten. 


Wir sind auch auf die Frage des Mentorings zurückgekommen. Was ist das? Und warum haben so wenige von uns Erfahrung damit? Könnten wir gegenseitige Mentor_innen sein? Und welche Art von Mentoring-Strukturen könnten wir uns vorstellen? Wir diskutierten über die Notwendigkeit, unsere eigenen Wertesysteme zu definieren, bevor wir miteinander arbeiten und bevor wir mit Institutionen zusammenarbeiten. Ob als angestellte Person oder als freischaffende/r Künstlerin: um sich in einer Institution zurechtzufinden, muss ein Mensch sein eigenes Wertesystem kennen, so verliert er sich nicht  allein darin. Überlegung: Was ist dir wichtig? Was brauchst du, um dich unterstützt zu fühlen, um Arbeitsbeziehungen mit anderen einzugehen? Wie kannst du vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen aufbauen und aufrechterhalten?


Keiner von uns geht von der gleichen Position aus an diese Arbeit heran. Wir vertreten unterschiedliche soziale Schichten, Muttersprachen und Migrationshintergründe. Wir wurden durch unterschiedliche Traumata und Verantwortlichkeiten geprägt. Wir bringen unterschiedliche Kenntnisse und Erfahrungen in der kollektiven, internationalen, interkulturellen und generationenübergreifenden Arbeit mit. Es gibt unterschiedliche Schwachstellen, wenn man sich als Angestellter oder als Freiberuflerin in der Institution bewegt. Wir waren uns einig, dass wir eine kontinuierliche Forschung benötigen, um unsere unterschiedlichen Schwachstellen zu kartieren, damit wir Arbeitsbündnisse eingehen können, die für alle von uns funktionieren.


Fürsorge und Konflikt waren Themen des Symposiums, aber der Konflikt war ein viel attraktiverer Rahmen für unsere Gespräche als Fürsorge.


„Was ist überhaupt Fürsorge?“, fragten Teilnehmer_innen laut. “Wir müssen über Fürsorge sprechen“, waren wir uns einig. Der museale Diskurs zu  Fürsorge steht zu oft für den Verweis auf und das Einfordern von feminisierter Arbeit. Er stößt diejenigen von uns ab, die sich dagegen wehren, die Rolle der Mutti der Kunstwelt zu spielen, in der von Schwarzen/WoC-Kuratorinnen, -Vermittlerinnen und -Pädagoginnen erwartet wird, dass sie sich um die weißen Gefühle in Institutionen kümmern, die Werke über Gewalt und Konflikte zeigen. Während unserer gemeinsamen Lektüre von Tian Zhangs Radical Care Manifesto überlegten wir, wer sich um die Care Worker_innen kümmert. Wir waren uns einig, dass Fürsorge keine Wohltätigkeit ist, sondern Solidarität.


Noch wichtiger war, dass wir uns einig waren, dass wir diesen Raum brauchten, um uns mit den Konflikten in der realen Welt zu befassen, die unsere Arbeit beeinflussen, einschließlich politischer Konflikte wie Grenzkriege und Völkermorde, die einige Teilnehmer_innen persönlich erlebt haben und die unsere Grundprinzipien und Investitionen prägen. Hätten wir doch nur mehr Zeit zusammen gehabt. Unsere Gespräche am „Konflikt“-Tag waren herausfordernd und generativ in ihrer Auseinandersetzung mit den Unterschieden innerhalb unserer Gruppe. Wir rangen mit Definitionen von Mitschuld, Handlungsfähigkeit und Macht. Wir modellierten die Art des kollektiven Lernens, nach der sich CCC bei unserem ersten Treffen, dem BB11-Kurator_innen-Workshop, gesehnt hatte.


Unser letztes Gespräch im Rahmen des Symposiums war durch eine vollständige Umstrukturierung des geplanten Programms gekennzeichnet, so dass wir über die Gewaltsysteme, die wir geerbt haben, und unsere persönliche und kollektive Verantwortung, sie zu ändern, diskutieren konnten. Ich habe gelernt, dass es sehr wertvoll ist, sich Zeit zu nehmen, die flexibel ist, um großzügiges Zuhören und gegenseitiges Verständnis zu ermöglichen, damit die Wurzeln unserer Konflikte respektiert werden, während wir nach einer Lösung suchen. Sinnvolle, integrative, kollektive Arbeit erfordert Geduld.


Die Überlegungen auf dieser Plattform bieten kleine Einblicke in einen Diskurs der Kunst-Arbeit, der sich über drei Tage entwickelte und bis spät in die Nächte an den Tischen im Freien des Südblocks am Kottbusser Tor andauerte, trotz eines ungewöhnlich regnerischen und kalten Augusts. Mit der Veröffentlichung dieser Texte treten wir in die letzte Phase des CCC ein: die Phase des Teilens. Wir stellen die kollektiven Erkenntnisse der Öffentlichkeit über diese Website zur Verfügung, während wir darüber diskutieren, wie wir unsere Arbeit fortsetzen können, wenn auch in einer weniger institutionalisierten Weise, wenn die offizielle Projektunterstützung durch die nGbK vorbei ist.


Unsere Arbeitsgruppe bildete sich innerhalb von Konflikten, und selbst als wir zusammengefunden hatten, schritten wir nicht ohne Konflikte voran. Wir arbeiten in der dritten Phase unseres Projekts mit zwei Mitgliedern weniger zusammen als zu Beginn. Jeder von uns hat mit unterschiedlichen Kapazitäten gekämpft, um inmitten einer laufenden Pandemie zur kollektiven Arbeit beizutragen, insofern wir mehrere destabilisierende Herausforderungen in unseren Familien erlebt haben, darunter ein internationaler Umzug, eine Geburt und mehrere Todesfälle von geliebten Menschen. Dies  bezeugt  unser Engagement für diese Forschungsfragen und füreinander, dass wir uns immer noch regelmäßig über eine Zeitverschiebung von neun Stunden hinweg treffen und Gelegenheiten für andere organisieren, sich an dem Gespräch zu beteiligen.

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Sharing is Caring: Support-Systeme

Ein Gedicht: Miete ist fällig

Unbehagen Pflegen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Eine polyphone Hypothese

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Offene Fragen und Wunschliste

Institutionalisierung des Konflikts

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

von Maithu Bùi (CCC)
2024

Konflikt



Wir verstehen unter Konflikt als Methodologie eine Verpflichtung zu Transparenz und Verantwortlichkeit während eines Konflikts. Sie erfordert aktives Engagement und Ausdauer im Diskurs und in der Konfrontation, um Verständnis, Versöhnung und im Idealfall verbesserte Bedingungen zu fördern. Konflikte kuratieren ist ein Prozess und eine erlernte Fähigkeit, die nicht nur Ressourcen wie Zeit, sondern auch die Offenheit und Bereitschaft erfordert, sich intensiv mit Care-Arbeit zu beschäftigen. Im besten Fall ist es ein kollaborativer Akt, der darauf abzielt, im gemeinsamen Verständnis für klare und transparente Ziele der verschiedenen Interessengruppen bessere Lösungen zu finden, während dominante Narrative in Frage gestellt und Räume für die Koexistenz und Interaktion verschiedener Perspektiven geschaffen werden. Care bzw. Fürsorge als Leitprinzip umfasst Mitgefühl, Empathie und Verantwortung gegenüber anderen in Aktion. Wie können wir echte Care-Arbeit leisten und Unterstützungssysteme und Strategien aufbauen, um uns mit Betroffenen zu solidarisieren? Im Gegensatz dazu besteht falsche Solidarität aus performativen Handlungen und symbolischen Gesten. Wenn Mitgefühl bedeutet, gemeinsam zu leiden, dann bedeutet Care, Leid und das Unangenehme zu ertragen, indem man Verantwortung übernimmt und sich gegenseitig zur Rechenschaft zieht. Konflikte kuratieren ist ein Ansatz, der die verschiedenen Perspektiven in Konflikten wirklich wertschätzt und darauf abzielt, offene Räume zu erhalten, in denen Menschen ihre Ansichten frei äußern können. Diese Freiräume offen zu halten ist von entscheidender Bedeutung und erfordert das Schaffen von Umgebungen, in denen sich Menschen ermächtigt fühlen, sich ohne Angst vor Repressalien oder Zensur zu äußern. Die Aufrechterhaltung offener Räume für die freie Meinungsäußerung und die Konfrontation mit unbequemen Wahrheiten fördert das Verständnis, die Versöhnung und den Widerstand.

Carewashing und Careshifting


Carewashing ist wie “Greenwashing” und “Artwashing” ein oberflächlicher Ansatz, der die Rhetorik der Fürsorge für Marketing- oder Brandingzwecke nutzt und sich auf die Aneignung von performativen Handlungen und symbolischen Gesten stützt. Es fehlt ihm an echter Wirkung oder Verantwortlichkeit, und er stellt keine Machtstrukturen oder Systeme in Frage, um ein sauberes Image aufrechtzuerhalten. Careshifting lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf einen Konflikt, für den es eine breite öffentliche Zustimmung gibt. Dies geschieht, wenn Institutionen und institutionalisierte Personen dem Image- und Reputationsmanagement Vorrang vor inhaltlichen Maßnahmen einräumen. “Careshifting” ist am einfachsten zu erkennen, wenn ein zu vermeidender Konflikt in der Öffentlichkeit am offensichtlichsten ist. Im schlimmsten Fall werden leichte Ziele zum Sündenbock gemacht. Bei beiden Taktiken handelt es sich um Konfliktvermeidungstaktiken, die Unangenehmes SILENCEN bringen oder herunterspielen und versuchen, abweichende Meinungen zu unterdrücken, während gleichzeitig die Fassade der Harmonie aufrechterhalten wird. Dieser Ansatz verhindert einen zielgerichteten Dialog und wohlwollende Verbesserungen und führt zu systembedingten Ungerechtigkeiten. Nur durch kollektive Bemühungen, Konflikte auszuhalten und Unterdrückung zu bekämpfen, können gerechtere und mitfühlendere Gemeinschaften geschaffen werden. “Curating Conflict” und “Carewashing” sind daher gegensätzliche Methoden zur Bewältigung von Konflikten in institutionellen Kontexten.

Code of Care = Verpflichtung Konflikte zu konfrontieren



  • Verpflichtung zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und sozialer Gerechtigkeit, wann immer Versuche des “Carewashing”, “Careshifting” und “Scapegoating” unternommen werden. 

  • Statt Konflikten aus dem Weg zu gehen, sollten Sie Konflikte als eine Methode zur Suche nach besseren Lösungen und zum besseren Verständnis annehmen.

  • Identifizierung von Bereichen, in denen Konflikte und Spannungen vorhanden sind und entstehen könnten, sowohl innerhalb als auch außerhalb von Institutionen.

  • Konflikte mit Offenheit angehen und Sorgearbeit fair entlohnen.

  • Dominante Narrative und Machtstrukturen in Frage stellen.

  • Erkennen und Angehen von Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten innerhalb des jeweiligen Raums.

  • Transparenz über die Prozesse, Entscheidungen sowie den Grad der Unterstützung und Solidarität.

  • Erklären Sie die Gründe für Ihr Handeln.

  • Verpflichtung zur Beharrlichkeit im Diskurs und in der Konfrontation, um Verständnis, Versöhnung und im Idealfall verbesserte Bedingungen zu fördern.

  • Erstellung von Protokollen zur Gewährleistung von Kohärenz auf der Grundlage festgelegter und vereinbarter Regeln und Verfahren.

  • Gemeinsame Nutzung institutioneller Infrastrukturen und Verfahren, um die Entwicklung besserer Lösungen für alle zu erleichtern.

Was ist, wenn der Verweis auf einen Konflikt zu einem Konflikt wird? In unserem Redaktionsprozess haben wir beschlossen, den Text, der einen Konflikt auslösen könnte, beizubehalten und ihm einen kontextuellen/institutionellen Hinweis gegenüberzustellen. Indem wir beide Interpretationen eines Konflikts beibehalten, ermöglichen wir es den Lesenden, die Widersprüche kennenzulernen, anstatt sie zu überlesen. Hier sind redaktionelle Anmerkungen, die sich mit Konflikten befassen:


Beispiel 1: Sie wollen einen Raum bzw. eine Plattform für andere offen halten, sich aber auch von deren Position als Institution distanzieren. Verwenden Sie einen Disclaimer:

„DISCLAIMER: Die Antworten in den Interviews geben nicht die Ansichten der nGbK wieder.“ [1]
oder
„Alle hier veröffentlichten Texte spiegeln die Meinung der jeweiligen Autor_innen und Arbeitsgruppenmitglieder wider und sind mit der des Vereins nicht deckungsgleich.“ [2]



Einen Konflikt beim Namen nennen, ohne “Othering”

Bereitschaft, sich auf die Care-Arbeit einzulassen und dabei stets Zeit und Raum für Anpassungen vorzusehen.



Beispiel 2: “Völkermord”
Anm.d.Red./nGbK: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verteidigt sich Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof gegen den Vorwurf Nicaraguas, an einem Völkermord im Gazastreifen beteiligt zu sein. Im Fall Südafrika gegen Israel hat der Internationale Gerichtshof am 26. Januar 2024 Israel aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um Handlungen zu verhindern, die als Völkermord im Sinne der Völkermordkonvention von 1948 angesehen werden könnten.“ [1][3]



Beispiel 3: “Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS)”
„Anm.d.Red./nGbK: Der Bundestag hat am 17. Mai 2019 einen Antrag mit dem Titel „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“ angenommen und verurteilt die BDS-Kampagne und den Aufruf zum Boykott von israelischen Waren, Unternehmen, Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Sportler*innen: Es sollen keine Organisationen finanziell gefördert werden, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Länder, Städte und Gemeinden werden aufgerufen, sich dieser Haltung anzuschließen.“ [1]



Beispiel 4:  “Jewface”
„Siehe englischsprachiges Wikipedia: „Jewface ist ein Begriff, der stereotype oder unauthentische Darstellungen jüdischer Menschen negativ charakterisiert. Der Begriff existiert seit den späten 1800er Jahren und bezieht sich im Allgemeinen auf das dargestellte Jüdischsein.““ [3]



Mitgefühl:

  • Einfühlungsvermögen und Verständnis für andere entwickeln.

  • Verlernen von Gewalt durch informelle und formelle Bildung und Ausbildung.

  • Lernen, die Erfahrungen und Perspektiven aller zu verstehen und zu respektieren.

  • Vorrangige Berücksichtigung der Stimmen von marginalisierten Personen und Gemeinschaften.

  • Bereitstellung und Schaffung von Plattformen, auf denen sie ihre Erfahrungen und Perspektiven mitteilen können.

  • Schutz dieser Stimmen durch Unterstützung ihrer Position, anstatt sie zum Sündenbock zu machen.

  • Raum und Möglichkeiten für Dialog und kritisches Engagement schaffen.

  • Mehrere Perspektiven einladen, um gemeinsam bessere Lösungen zu finden.

  • Marginalisierten Stimmen aktiv zuhören, Protokolle und Verfahren zur Gewährleistung der Inklusivität umsetzen.



Aktiv werden:

  • Maßnahmen ergreifen, um die zugrunde liegenden Probleme anzugehen.

  • Förderung und Durchsetzung besserer Lösungen innerhalb der Institutionen.

  • Weiterverfolgung und Einführung nachhaltiger und anpassungsfähiger Verfahren.

  • Sicherstellen, dass die Bemühungen über performative Handlungen und symbolische Gesten hinausgehen.

  • Für Transparenz über die Art der angebotenen Unterstützung sorgen sowie Unterstützung und Solidarität anbieten



Reflexion und Wiederholung:

  • Prüfen, ob sich die Bedingungen verbessert haben. 

  • Kontinuierliche und kritische Reflexion von Praktiken und Strategien in Fokusgruppen. Seien Sie ehrlich.

  • Regelmäßiges Sammeln und Auswerten von Feedback der Beteiligten.

  • Externe Beratung mit unterschiedlichen Perspektiven, Fachkenntnissen und Praktiken einbeziehen.

  • Lernen aus dem, was funktioniert und was nicht funktioniert hat.

  • Proaktive Aktualisierung von Infrastrukturen, Verfahren und Ansätzen.

  • Zeit und Ressourcen für die Aktualisierung einplanen.

  • Wiederholung. Bessere Lösungen zu finden, ist keine einmalige Aktion.

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Von Konflikten lernen

Manufacturing Consent in Deutschland

Curating through Conflict with Care, 2022

Über CCC

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Offene Fragen und Wunschliste

CCC Symposium Programm 2023

Institutionalisierung des Konflikts

Ressourcen für die Finanzierung

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

von Moshtari Hilal (CCC)
2024

Die Kunstszene wird aus unterschiedlichen Gründen als „Szene“ bezeichnet. Sie dient nicht nur als Kulisse für theatralische Performances, Posen und Positionierungen, sondern auch als Raum, in dem die Abgrenzung von den gewöhnlichen Realitäten des Mainstream-Konsums und der Arbeit oft intellektualisiert wird. Auch wenn die Kunst einem Markt, einer Industrie oder einer Disziplin ähnelt, bleibt sie doch unbestreitbar eine Arena, in der sich Kreativität und Kommerz überschneiden, in der Tiefe und Oberfläche miteinander konkurrieren und in der der Einzelne inmitten ausbeuterischer Arbeitsbedingungen um Anerkennung kämpft.

In diesem chaotischen Umfeld betonen traditionelle Denkweisen die Macht von professionellen Freundschaften und Netzwerken. Ein neuer Trend deutet darauf hin, dass eine wachsende Identitäts- und Repräsentationsökonomie ermöglicht, dass immer mehr alternative Stimmen in bisher exklusive Kreise aus Cliquen- und Vetternwirtschaft eindringen können. Die Forderung nach Vielfalt hat zwar einige Türen geöffnet und einzelne Namen ins Rampenlicht gerückt, doch ein grundlegender Wandel ist nach wie vor schwer zu erreichen. 

Projekte, die sich mit Identitätspolitik, Fürsorge und Safe Spaces in der Kunst befassen, sind wertvoll, wenn es darum geht, marginalisierten Stimmen Gehör zu verschaffen und einen wertschätzenden Diskurs zu fördern, aber ihre Wirksamkeit auf strukturelle Veränderungen ist begrenzt. Diese Initiativen, die oft auf Ehrenamt oder Niedriglöhnen beruhen, genießen manchmal nur punktuelle Aufmerksamkeit oder werden zu thematisch eingeschränkten Token für Unternehmen und Institutionen. In Deutschland müssen marginalisierte Gruppen in ihren Anträgen überzeugend darlegen, dass ihre Interessen und Bedürfnisse mit der Agenda der multikulturellen Demokratie oder liberalen Antidiskriminierungsmitteln übereinstimmen. Diese Infrastrukturen und die selektiven staatlichen Investitionen führen tendenziell zu einem ständigen Wettbewerb unter Marginalisierten und machen sie anfällig für staatliche Einflussnahme und Zensur.

Um unseren Fokus vom kulturellen Partikularismus auf pragmatische kollektive Bemühungen zu verlagern, müssen wir uns zunächst als Arbeiter_innen im Kapitalismus verstehen und den Mythos des kreativen Genies sowie den Essentialismus der authentischen Informant_innen auflösen. Wir brauchen ein praktisches Verständnis davon, was es bedeutet, eine Künstlerin zu sein, und dürfen dies nicht als exzentrische und exklusive Karriere betrachten, sondern als Arbeit, die sich an der aufgebrachten Zeit und Energie messen lässt und eine angemessene Entlohnung und Anerkennung verdient. Ehrliche Diskussionen über die materiellen Bedürfnisse und die praktischen Bedingungen sind entscheidend, um den Weg für mehr Inklusion und Chancen für marginalisierte Demografien zu ebnen, anstatt den Künstlertypus des Bohemiens in seiner Exklusivität zu verherrlichen. 

Der Irrglaube, dass Prekarität und Trauma die Kreativität hervorbringen, hindert uns daran, anzuerkennen, dass in Wirklichkeit Privilegien und Komfort die inspirierendsten Arbeitsbedingungen für Künstler_innen schaffen. Bedingungen wie sichere Wohnverhältnisse, bezahlbare Ateliers, Reisen und Freizeit ermöglichen künstlerischen Ausdruck, experimentelle und kontroverse Forschung und Auseinandersetzung. Erst wenn wir unsere gemeinsamen materiellen Interessen anerkennen, können wir uns ernsthaft mit der Frage der politischen Verantwortung auseinandersetzen und im nächsten Schritt für ethische Praktiken einsetzen, die  institutionelle Vorgaben und Einflussnahmen herausfordern können. Dazu müssen wir zunächst unsere Grundbedürfnisse sichern. Traditionell linke Organisierungsformen wie Gewerkschaften, Streiks, Boykotte und Lohntransparenz könnten als wirksame Mittel zur Erreichung dieser Ziele dienen. Die kollektive Solidarität ermöglicht es uns, Kritik zu äußern, ohne materielle Verluste befürchten zu müssen, und die politische Realität zu gestalten, die sich in unseren künstlerischen Arbeiten wiederfindet. 

Die letzten Monate, in denen in demokratischen und liberalen Staaten wie Deutschland mehreren regierungskritischen Künstler_innen die Mittel oder Engagements abgesagt wurden, dienten für viele Kulturarbeiter_innen als Warnsignal. Während Kurator_innen angeblich Anrufe von Staatsbeamt_innen erhalten, die eine aktive Zensur fordern, geben andere Institutionen den von rechten Blogs initiierten Verleumdungskampagnen nach und streichen Künstler_innen, Schriftsteller_innen und Kulturarbeiter_innen aus ihren Programmen, ohne sich ernsthaft um eine Vermittlung der Konflikte zu bemühen. Während einige Organisator_innen und Kurator_innen wegen ihres Sprachgebrauchs und der Äußerung von politischem Protest bei der Polizei angezeigt wurden, kam es bei anderen bereits zu Hausdurchsuchungen. Der Berliner Kultursenat versuchte eine Klausel durchzusetzen, wonach öffentliche Gelder in der Kunst von der politischen Einstellung der Arbeiter_innen zu Israel abhängig gemacht werden sollten, wodurch die Überwachung und Sanktionierung geopolitischer Analysen und abweichender Meinungen bürokratisiert würde. Aufgrund erfolgreicher Organisationsarbeit wurde die Klausel jedoch vorerst fallen gelassen. 

Vielen Kulturarbeiter_innen wurden die Grenzen individueller Positionen im Konflikt mit staatlich sanktionierten Narrativen und Interpretationen der Welt schmerzlich bewusst. Die Kunstszene brauchte dringend einen Realitätscheck und erkannte schließlich den hochpolitischen Status quo, der sich lange hinter der distanzierten Abstraktion und dem zynischen Sarkasmus der Kunstwelt verborgen hatte. Jetzt wurden minimalistische, pastellfarbene Installationskünstler_innen aufgrund ihrer persönlichen Überzeugungen zur Zielscheibe der Zensur, während hyperpolitische kuratorische Projekte trotz ihrer symbolischen Verwendung von Widerstandsvokabular schweigsam blieben, auch aufgrund ihrer Abhängigkeit von öffentlichen Geldern.

Es ist an der Zeit, sich von der Oberflächlichkeit identitätspolitischer Positionierungen zu verabschieden und sich die transformative Kraft zielgerichteter Organisation zu eigen zu machen. Durch die Festlegung klarer Ziele, die Mobilisierung und Koordinierung von gemeinsamen Mitteln und Bemühungen können Künstler_innen strategische Ergebnisse durch kollektive Anstrengung erreichen, um den Status quo in Frage zu stellen und die Welt um sich herum nachhaltig und sinnvoll zu beeinflussen. Ein großes Problem linker, progressiver und kritischer Gruppen ist die Zersplitterung ihrer Bemühungen und Ressourcen trotz ihrer eigentlich gemeinsamen Interessen und Ziele. Oft geraten Gruppen in Konflikt und spalten sich aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Theorie, Sprache und sogar Ästhetik. Meinungsverschiedenheiten werden als persönliche Angriffe empfunden, Widersprüche werden als moralisches Versagen gewertet, und Kritik untereinander wird oft als destruktiver Angriff und nicht konstruktiver Meinungsaustausch gewertet. 

Das Organisieren, sowohl als Werkzeug als auch Vorgang, wird als ein Rückzugsort missverstanden, als ein Schutzraum im Prozess. Viele neigen dazu, zu vergessen, dass wir nicht zusammenkommen, weil wir uns mögen, sondern es ist eine Dringlichkeit, ein Bedürfnis, ein gemeinsamer Feind, der uns zusammenbringt. Daher ist die Solidarität, die uns zusammenkommen und gemeinsam kämpfen lässt, nicht unbedingt die geteilte Liebe füreinander, sondern höchstwahrscheinlich die geteilte Wut, die geteilte Angst, der geteilte Konflikt, den wir angehen, lösen oder bewältigen wollen. Die utopische Vorstellung einer Traumabindung über geteilte Diskriminierungserfahrungen in vollständig sicheren Räumen verzerrt die Realität der politischen Organisierung. Dieser muss Raum für Konflikte, für Unterschiede, für Widersprüche und Dissens schaffen und aushalten können. Die Kraft kollektiver Bemühungen liegt in der gemeinschaftlichen Menge und darin, dass wir trotz Konflikte gemeinsame Ziele und Strategien finden, indem wir uns auf die drängendsten und gefährlichsten Bedrohungen für unser Leben konzentrieren. 


Vorteile der zielgerichteten Organisation 


Langfristige Wirkung und Nachhaltigkeit: Im Gegensatz zu Ad-hoc-Initiativen oder Projekten, die in erster Linie auf persönlichen Beziehungen beruhen, konzentriert sich die zielorientierte Organisation auf die Schaffung eines dauerhaften systemischen Wandels und den Aufbau nachhaltiger Strukturen, Netzwerke und Kapazitäten im Kunstbereich.

Strategischer Fokus: Durch die Annahme eines zielorientierten Ansatzes können Kunstarbeiter_innen und Kulturorganisationen ihre Bemühungen strategisch bündeln. Zielorientiertes Organisieren legt den Schwerpunkt auf klare Ziele und strategische Planung, um sicherzustellen, dass die Anstrengungen zu messbaren Ergebnissen führen können. Diese Ergebnis- und Wirkungsorientierung trägt dazu bei, die Wirksamkeit kollektiven Handelns und der Ressourcenzuweisung zu maximieren. 

Verantwortung und Auswertung: Durch die Festlegung klarer Ziele und Vorgaben erleichtert eine zielorientierte Organisation den Umgang mit Verantwortlichkeit und die Auswertung von Ergebnissen. Diese Transparenz und Rechenschaftspflicht sind entscheidend für den Aufbau von Vertrauen, die Aufrechterhaltung der Initiative und die erforderliche Anpassung von Strategien, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.

Stärke in Zahlen: Durch kollektive Organisierung können Künstler_innen ihre kollektive Stärke und ihren Einfluss nutzen, um bessere Konditionen auszuhandeln, bessere Arbeitsbedingungen zu sichern und unfaire oder ausbeuterische Praktiken in der Kunstindustrie anzufechten. Dies kann besonders für Künstler_innen von Vorteil sein, die als Einzelpersonen nicht über die gleiche Verhandlungsmacht oder die gleichen Ressourcen verfügen.

Aufbau von Gemeinschaft und Netzwerk: Das Organisieren bietet Künstler_innen die Möglichkeit, über ihre persönlichen Netzwerke hinaus Kontakte zu knüpfen, zusammenzuarbeiten und unterstützende Gemeinschaften aufzubauen. Dies kann Kreativität, Innovation und gegenseitiges Lernen fördern und Künstler_innen emotionale und professionelle Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen einer Karriere in der Kunst bieten.

Soziales und politisches Engagement: Das Organisieren ermöglicht es Künstler_innen, sich aktiver in sozialen und politischen Fragen zu engagieren und ihre Plattformen und ihren Einfluss zu nutzen, um Aufmerksamkeit zu generieren, Unterstützung zu mobilisieren und Veränderungen auf breiterer Ebene zu bewirken. Dies kann das Eintreten für soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, ökologische Nachhaltigkeit und andere wichtige Anliegen umfassen, die sich mit der Kunst überschneiden.


Eine nähere Betrachtung von zwei Methoden 

DISCLAIMER: Die Antworten in den Interviews geben nicht die Ansichten der nGbK wieder.

Strike Germany
— 5 Antworten zu ihren Strategien und Einsichten


Wer seid ihr und wie habt ihr euch zusammengefunden, warum habt ihr euch entschieden, anonym zu bleiben? 

STRIKE GERMANY ist ein Streikaufruf und keine Organisation an und für sich. Es gibt keine Mitgliedschaft oder Finanzierung. Wir sind ein breites Bündnis von Künstler_innen, Filmemacher_innen, Schriftsteller_innen und Kulturarbeiter_innen in Berlin. Wir bleiben anonym, um dem Aufruf zu erlauben, für sich selbst zu sprechen und um Raum für eine dynamische Antwort auf Deutschlands intensivierte Unterstützung der Gewalt des israelischen Staates in Palästina zu schaffen.

Warum habt ihr euch für einen Streik und nicht etwa für einen Boykott entschieden, um euren Protest und eure Kritik auszudrücken? Und was sind die Bedingungen und Forderungen eures Streiks? 

Indem STRIKE GERMANY den Rahmen eines Streiks wählt, spricht es Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen als Menschen an, die ihre Arbeit verweigern können – nicht nur ihr Geld, ihre Aufmerksamkeit oder ihren Namen. Ein Streik unterstreicht, dass es um konkrete Forderungen geht. Wir unterstützen nachdrücklich den von Palästinenser_innen geführten Aufruf zu Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel und haben uns entschieden, unsere Forderungen als Streik zu bezeichnen, um unsere Kampagne zu unterscheiden. STRIKE GERMANY richtet sich an Kulturarbeiter_innen, die zu Ausstellungen, Festivals und Podiumsdiskussionen in deutschen Kulturinstitutionen eingeladen werden 1

Warum habt ihr euren Streik auf Deutschland konzentriert und wird er auf diesen Staat beschränkt bleiben oder plant ihr auch einen Streik gegen die USA? 

STRIKE GERMANY konzentriert sich auf die deutschen Kultureinrichtungen aufgrund ihrer Nähe zum deutschen Staat. Während wir uns der Mitschuld der USA an der Durchführung des israelischen Krieges in Gaza sehr wohl bewusst sind, ist es keineswegs ersichtlich, dass der Entzug der Arbeitskraft von Kulturarbeiter_innen aus der US-Wirtschaft denselben Effekt hätte wie im deutschen Kontext. Schon die Drohung mit STRIKE GERMANY reichte aus, um die Kommentator_innen in Rage zu versetzen, und brachte innerhalb weniger Tage nach Veröffentlichung des Aufrufs zahlreiche panische und paranoide Feuilletonartikel hervor. Deutschland ist unser Ziel, weil wir in Deutschland wohl oder übel zu Hause sind – und trotz der immer festeren Entschlossenheit des Staates, uns nicht zu integrieren, sind wir hier.

Wie unterstützt ihr Kulturarbeiter_innen, die durch die Teilnahme am Streik wesentliche materielle Verluste erleiden müssen? 

Wir laden alle, die in Deutschland arbeiten, dazu ein, ihre Solidarität zu bekunden, wenn sie dazu in der Lage sind. STRIKE GERMANY richtet sich jedoch nicht in erster Linie an Kulturarbeiter_innen, die in Deutschland arbeiten und für ihren Lebensunterhalt und ihren Aufenthaltsstatus von den lokalen Strukturen abhängig sind. Wir begrüßen und ermutigen andere Gruppen und Bündnisse, die Streikfonds einrichten, um diejenigen zu unterstützen, die ihre Arbeit für deutsche Institutionen niederlegen, aber wir erkennen an, dass wir uns als informelle Koalition nicht dazu verpflichten können, eine solche Infrastruktur zu betreiben. Die dringende Aufforderung an die Arbeiter_innen zu handeln erkennt an, dass diese Aktion unterschiedliche Formen annehmen wird, die von unseren besonderen prekären Verhältnissen geprägt sind. Aber nicht zu handeln und die Freiheit und Würde des palästinensischen Volkes hier in Deutschland und in Palästina einzufordern, wie es so viele Institutionen in Deutschland immer noch nicht getan haben, führt nur zu moralischem Bankrott angesichts des anhaltenden Völkermords 2 .

Welche unerwarteten Allianzen oder Konflikte gab es in diesem Prozess?

In einem Interview sagte der mit dem Turner-Preis ausgezeichnete Künstler Jesse Darling über STRIKE GERMANY: „Der Streik wurde kritisiert, weil er keine klaren Ziele hat, aber er spiegelt die prekären Bedingungen der Kulturarbeiter_innen wider. Und als Künstler_innen sind wir Arbeiter_innen des Bildes und des Wortes, und diese Aktionen sind das, was uns zur Verfügung steht.“ Der Aufruf zu STRIKE GERMANY ist eindeutig in seinem Engagement für die Befreiung des palästinensischen Volkes. Jede Ambiguität liegt darin begründet, dass wir uns an eine breite und vielfältige Koalition von Kulturarbeiter_innen wenden, die alle nicht die gleichen Arbeitsbedingungen haben. Indem wir für viele Strategien offen bleiben, wird unsere Bewegung stärker. Unabhängige Koalitionen wie DJs for Palestine und Ravers for Palestine haben auf unseren Aufruf geantwortet und sind ihm vorausgegangen, und wir sind inspiriert von der Arbeit der Writers Against the War on Gaza (WAWOG) in den USA. Auch in Südafrika, Ägypten, Libanon, Jordanien, dem Vereinigten Königreich und den USA sind Kampagnen zur Ablehnung deutscher Kulturförderung entstanden. Die Kraft des kollektiven Kampfes liegt in unserer Fähigkeit, uns vorzustellen, was wir gemeinsam tun könnten; sie beruht auf unserer Bereitschaft, auf die typischen Maßstäbe des Erfolgs im Bereich der Kulturarbeit zu verzichten und stattdessen auf die gemeinsamen Horizonte von Befreiung und Revolution zu blicken.


Warum Kunstgewerkschaften
— 5 Fragen an ein bbk-Mitglied


Warum sollten wir einer Kunstgewerkschaft beitreten?

Ihr solltet einer Kunstgewerkschaft aus denselben Gründen beitreten, aus denen eine Arbeiterin in jedem anderen Bereich seinerihrer Gewerkschaft beitreten sollte. Gewerkschaften bieten Schutz, Macht in Zahlen und eine Plattform, um gemeinsame Interessen zu vertreten. Die statistische Korrelation zwischen Arbeitsbedingungen und Gewerkschaftsmitgliedschaft ist gut dokumentiert. In der Kunst, einem Bereich, in dem alle Beschäftigten selbständig sind und daher keinen Zugang zu vielen gesetzlichen Mitteln des Arbeitnehmerschutzes/der Arbeitnehmerrechte haben, sind Gewerkschaften besonders wichtig. Der bbk berlin ist die einzige mir bekannte Gewerkschaft im Kunstbereich, die ihren Mitgliedern kostenlose Rechtsberatung anbietet – in einem Bereich, in dem Machtmissbrauch weit verbreitet ist und die meisten Arbeiter_innen nicht vermögend sind, ist dies ebenfalls ein wichtiger Vorteil.

Wie kann man einer Kunstgewerkschaft beitreten?

Indem man das Beitrittsformular ausfüllt – im Falle des bbk berlin ist dies: https://www.bbk-berlin.de/en/membership.

Warum glaubt ihr, dass die meisten unserer CCC-Teilnehmer_innen sich mit transformativen Fragen beschäftigen und nach Solidarität suchen, aber keine Mitgliedschaft in eurer Gewerkschaft haben? Wie würdet ihr das ändern?

Ich möchte lieber auf der fragenden als auf der antwortenden Seite dieser Frage stehen! 

bbk berlin befindet sich in einer Übergangsphase, die ehemals recht homogene Mitgliederstruktur verschiebt sich derzeit. Während wir früher mehrheitlich ältere, muttersprachlich deutsche Mitglieder hatten, sind in letzter Zeit viel mehr junge, PoC- und internationale Künstler_innen beigetreten, aber wir sind in diesen Demografien in der Stadt noch weniger bekannt. Diejenigen, die bei uns mitmachen, gestalten unsere Arbeit mit ihrer Stimme, ihrer aktiven Teilnahme an Arbeitsgruppen, ihrem Feedback und der Möglichkeit, als Kandidatin in den Vorstand gewählt zu werden. Wir sind in einem höheren Maße selbstorganisiert/künstler_innengeführt als viele ähnliche Organisationen – eine Mitgliedschaft bedeutet also die Chance, unsere Arbeit in hohem Maße mitzugestalten. Ich denke, dass der bbk berlin aufgrund seiner Komplexität ein gewisses Imageproblem hat – wir haben zwei gemeinnützige Tochtergesellschaften und darin viele Büros / Werkstätten / Tätigkeitsfelder. So assoziieren manche Künstler_innen den bbk berlin nur mit einem Teil, den sie kennen, z.B. dem Atelierprogramm oder der Bildhauerwerkstatt, und wissen nicht, dass wir ein Verband sind. Es ist schwierig, das gesamte Spektrum unserer Arbeit effektiv zu kommunizieren, weil es sehr umfangreich ist.

Was sind die Hauptkonflikte innerhalb der Gewerkschaft und wie geht ihr diese an?

Unsere Hauptkonflikte sind Generationskonflikte, unterschiedliche politische Auffassungen innerhalb unserer Mitglieder, derzeit vor allem, wie sehr / ob wir zu politischen Themen jenseits der Kulturpolitik in Deutschland Stellung beziehen sollten. Wir haben die typischen Probleme der Arbeit als Kollektiv – Kompromisse finden in einer Gruppe mit unterschiedlichen Überzeugungen, Work-Life-Balance, Selbstausbeutung. Wir gehen sie durch Gespräche an – und wenn es um Entscheidungen geht, durch Abstimmungen.

Inwieweit ist eure Gewerkschaft mit anderen Arbeit außerhalb des Kunstsektors verbunden?

Wir arbeiten mit Kampagnen zusammen und unterstützen sie dort, wo es Überschneidungen mit den Interessen von Künstler_innen gibt – einige Beispiele sind das Elterngeld für Freiberufler_innen, Proteste gegen die Mietpreiskrise in Berlin oder gegen Nazis. Wir arbeiten auch mit ver.di zusammen. Die überwiegende Zahl der Kooperationen mit anderen Organisationen findet aber innerhalb der Kunst statt: mit den Gewerkschaften und Institutionen im Bündnis der Freien Szene oder dem Rat für die Künste.


Manufacturing Consent in Deutschland

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Über CCC

Curating through Conflict with Care, 2022

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Sharing is Caring: Support-Systeme

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Eine polyphone Hypothese

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Offene Fragen und Wunschliste

Institutionalisierung des Konflikts

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Unbehagen Pflegen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Die nGbK-Arbeitsgruppe „Curating through Conflict with Care“ (CCC) lud vom 4. bis 6. August 2023 zu einem dreitägigen Sommersymposium ein.

Das Symposium nutzte Konflikte und Widersprüche als Methodik, um die Paradoxien des inklusiven Kuratierens zu identifizieren und zu bearbeiten. CCC behandelte diese Kontexte als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von Best Practices und bestehenden Debatten über kuratorische Verantwortung. Die nGbK-Arbeitsgruppe lud Arbeiter_innen aus der Kunst zum Austausch ein, um die Rolle der Kurator_in weiterzuentwickeln und zeitgenössischen Herausforderungen zu begegnen. Gemeinsam sollten Erfahrungen und Ideen zu (außer)institutionellen Veränderungen gesammelt werden, die Fürsorge in den Mittelpunkt stellen. Das Programm war in drei Themenbereiche gegliedert: Am Freitag ging es um das Thema Kuratieren, Samstag um Konflikt und am Sonntag um Care-Arbeit.

Über einen Open Call konnten sich alle bewerben, ob als Mitwirkende im Programm oder nur Zuhörende. Ein Großteil der Plätze wurde für BIPoC-Teilnehmende reserviert, die sich selbst als solche identifizieren. Damit wurde sichergestellt, dass diejenigen, die aufgrund von Diskriminierung, Zugangsschwierigkeiten und Unerschwinglichkeit von diesen Räumen ausgeschlossen sind, die Möglichkeit erhielten, diese Arbeit gemeinsam zu erkunden. 

Inhaltsangabe



Curating through Conflict with Care (CCC) Symposium Programm 2023 kuratiert von Ayasha Guerin, Duygu Örs, Maithu Bùi,  Moshtari Hilal

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium von Ayasha Guerin (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? von Maithu Bùi (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? von Moshtari Hilal (CCC)

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität? von emet ezell 

Zu Fragen zum Thema Konflikt von Parand Danesh

Ein Gedicht: Miete ist fällig von Fatim Selina Diaby

Eine Polyphone Hypothese von Azadbek Bekchanov

Ein Rezept für Landanerkennungen. von Azul Dugue

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-aroundReflektionen von Cẩm-Anh Lương

Unbehagen Pflegen von Felisha Carenage

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm von Maike Siu-Wuan Storf

Sich zu Verbünden bedeutet zu sprechen Überlegungen zum CCC-Symposium von Mon Sisu Satrawaha มอ่ น ศศิุสาตราวาหะ 

Post-Konflikt oder Institutionalisierung des Konflikts von Rubén Ojeda Guzmán

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert von Pegah Byroum-Wand

Alle hier veröffentlichten Texte spiegeln die Meinung der jeweiligen Autor_innen und Arbeitsgruppenmitglieder wider und sind mit der des Vereins nicht deckungsgleich.

CCC Symposium Programm 2023

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Ein Gedicht: Miete ist fällig

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Institutionalisierung des Konflikts

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

Eine polyphone Hypothese

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Unbehagen Pflegen

Manufacturing Consent in Deutschland

Ein Überblick
von Jonas von Lenthe (Wirklichkeits Books)
2020-2024

Manufacturing Consent in Germany ist eine Sammlung von frei zugänglichen Materialien aus dem Internet, die helfen, das zunehmend repressive Klima in Deutschland strukturell zu verstehen. Aus den unterschiedlichen Artikeln, Vorträgen, Pressemitteilungen und Podcasts wird deutlich, dass die verstaatlichte Politik der Erinnerung an den Holocaust und ihre Instrumentalisierung zum effektiven Werkzeug rechter Politik geworden sind. Das Ausmaß dieser Disziplinierung wurde besonders spürbar in den Tagen seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel und der darauffolgenden Kollektivbestrafung Gazas durch die israelische Armee: Nicht nur wurden weite Teile des zivilgesellschaftlichen Protests gegen die Kriegsverbrechen der israelischen Armee in Deutschland mit der Erklärung verboten, es handle sich um antisemitische Artikulationen – und dieses Verbot mit erschreckender Polizeigewalt durchgesetzt –, auch gab es auf institutioneller Ebene wenig Kritik an den verübten Menschenrechtsverletzungen in Gaza. Der medialen Darstellung von Antisemitismus als Phänomen des arabisch-migrantischen Milieus möchten wir entgegensetzen, dass die sogenannte Entnazifizierung nach 1945 ein unvollendetes Projekt geblieben ist; es ist die deutsche Mehrheitsgesellschaft, die von antisemitischen Kontinuitäten durchzogen ist. Die im Syllabus verlinkten Beiträge stammen aus den letzten Jahren und sind bei aller antidemokratischen Tendenz, die sie behandeln, das Produkt von inspirierenden und transnationalen Diskursräumen. Mit der Zusammenstellung hoffen wir, zum Nachdenken und Diskutieren über Strategien gegen jene Repressionen anzuregen, die notwendig sind für den Kampf gegen rassistische, antimuslimische und antisemitische Gewalt und für ein würdevolles Leben der palästinensischen Bevölkerung. Unsere Herzen sind bei allen getöteten, enteigneten und vertriebenen Menschen und ihren Angehörigen.

Der Syllabus wurde erstmals am 5. November 2023 veröffentlicht. Er wurde am 16. April 2024 erweitert; die neu hinzugekommenen Beiträge sind grau hinterlegt.


Sharing is Caring: Support-Systeme

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Curating through Conflict with Care, 2022

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Offene Fragen und Wunschliste

Institutionalisierung des Konflikts

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Von Konflikten lernen

gegründet von Parand Danesh

LEARNING FROM CONFLICT ist eine Online-Plattform, die einen besonderen pädagogischen Raum für den Austausch von akademischen Ressourcen und Feldeindrücken kreieren möchte. Dabei geht es um Wissen, das von aufstrebenden Sozialwissenschaftler_innen produziert wurde, die verschiedene Facetten von bewaffneten Konflikten und extremer Gewalt untersuchen, darunter Völkermorde, Politizide, Kriege, Bürgerkriege, Revolutionen und jegliche Formen von Rassen- und/oder Geschlechtertrennung. Der Hauptzweck der Plattform besteht darin, jungen Forschenden, die erst kürzlich von anspruchsvollen Feldforschungen zurückgekehrt sind, die Möglichkeit zu geben, ihre Erkenntnisse über spezifische Konflikte und ihren besonderen Entstehungs- und Fortsetzungskontext in Form von Podcasts und kurzen Erfahrungsberichten mitzuteilen, die im kommenden Herbst veröffentlicht werden.

Ziel ist es, eine Reihe von vereinheitlichenden und grundlegenden Merkmalen von Kriegen, gewalttätigen Massenbewegungen und Völkermorden zu sammeln, um ihre gemeinsamen Merkmale zu dokumentieren und zu erfassen. LEARNING FROM CONFLICT möchte dabei das theoretische Wissen, das diese über die Entstehung, Bewältigung und Lösung von Gewaltkonflikten bieten, nutzen, um es eines Tages auf die Arbeit vor Ort anzuwenden, aus der wir als Sozialwissenschaftler_innen sie in erster Linie bezogen haben.

Zu Fragen zum Thema Konflikt

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CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Curating through Conflict with Care, 2022

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Eine polyphone Hypothese

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Institutionalisierung des Konflikts

Offene Fragen und Wunschliste

Ein Rezept für Landanerkennungen.

CCC Symposium Programm 2023

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Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Ein Rezept für Landanerkennungen.

von Azul Dugue
2024

Warum:

„Landanerkennungen“ entstanden im heutigen Kanada und sind eine Möglichkeit, die Verantwortung gegenüber der vergangenen Geschichte, der aktuellen Realität und dem zukünftigen Engagement für die Kämpfe indigener Völker auf ihren Ländereien zum Ausdruck zu bringen.

Obwohl sich die europäische Kunstszene offen in kritische Gespräche über Rassismus, Heteropatriarchat, ökologischen Extraktivismus und Kapitalismus einbringt, schweigt sie seltsamerweise beharrlich darüber, wie sie direkt von historischen und anhaltenden globalen Strukturen kolonialer Gewalt profitiert.

Landanerkennungen sind:

Ehrliche Anerkennung globaler Strukturen der Gewalt: einschließlich der Enteignung, des Völkermords, des Ökozids, der unsichtbar gemachten unterbezahlten Arbeit und der Umweltzerstörung, die (historisch und fortlaufend) die Bedingungen für das gegenwärtige koloniale System weiter gedeihen lassen.

Eine Anerkennung des Lebens und des Selbst: des Landes als lebendige Entität, die sich selbst gehört. Unser Körper als Land, das aus denselben Flüssen, Gletschern, Toxinen, Böden, Winden, Plastik und Bränden besteht wie die Territorien, zu denen wir gehören.

Ein räumlich-zeitliches Eingeständnis der Komplizenschaft: eine reife politische Fragestellung, wie wir von sich überschneidenden Krisen profitieren.

Eine Aussage über das Bekenntnis, unsere internalisierten schädlichen Denk- und Verhaltensweisen zu verlernen und diejenigen zu unterstützen, die ihr Leben riskieren, um sich gegen koloniale Gewalt zu wehren.

Ein wichtiger, aber unzureichender Schritt zur Pflege intergenerationaler und globaler Konflikte mit Demut, Ehrlichkeit und Selbstreflexivität.

Landanerkennungen sind NICHT:

Eine oberflächliche Art der Verbündetenstellung, mit der soziales Kapital erlangt oder die eigene Wohltätigkeit oder „Wachsamkeit“ verkündet werden soll. Sie sind kein generisches Skript, das universell angewendet werden kann.

Da Landanerkennungen tiefgreifend kontextuell, nuanciert und persönlich sind, ist dies eine unvollständige Liste von Fragen, die als Ausgangspunkt dienen können:

  1. Welche historischen Gewalttaten waren notwendig, damit [füge den Nationalstaat ein, in dem du dich befindest], zu dem werden konnte, was es heute ist? Wer sind die Menschen und anderen Spezies, die historisch den Preis für die Infrastruktur bezahlt haben, von der ich profitiere? Wer werden die zukünftigen Vorfahren sein, die die Kosten tragen werden, wenn sich die Dinge  nicht radikal ändern?

  2. Was sind die neokolonialen globalen Lieferketten, die meine Nahrungsmittel, Gesundheitsversorgung, Straßen, Kleidung und Unterkunft bereitstellen? Was sind die Bedingungen, die den Minen zu Grunde liegen, die die Mineralien in meinen Computern und Telefonen ausbluten? Wessen Leben ist durch meinen Abfall gefährdet (z. B. durch das Niveau des CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre oder den Plastikabfall, der meinen Lebensstil aufrechterhält)? Wer sind die am stärksten betroffenen Gemeinschaften durch den Klima- und Naturnotstand?

  3. Was sind die Paradigmen, die diese Gewalt als Fortschritt und Entwicklung verschleiern?

  4. Wie kann ich diese harten Wahrheiten aus einem Ort der Verantwortlichkeit, Ehrlichkeit und Sorgfalt heraus ehren? Wie kann ich dies tun, ohne mich selbst durch Schuld in den Mittelpunkt zu stellen? Wie kann das Verstehen, dass ich Teil des Problems bin, zu einer tieferen relationalen Verantwortlichkeit dafür beitragen?

Hinweis: Lassen Sie den Prozess der Erstellung einer Landanerkennung Ihr Herz durchdringen und kollektivieren. Lassen Sie es persönlich werden und seien Sie spezifisch. Recherchieren Sie nach den Namen von Unternehmen, Produkten, Lebensmittel und Personen. Halten Sie die spezifischen Momente im Gedächtnis und datieren Sie sie bei Bedarf. Benennen Sie Ihre Verweigerungsimpulse und Ihre Erkenntnisse.

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Curating through Conflict with Care, 2022

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Eine polyphone Hypothese

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

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In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

eine poetische intervention
von emet ezell
2024


Jedes Jahr konvertieren mehr und mehr weiße Deutsche zum Judentum. Sie färben sich die Haare braun. Sie hängen sich jüdische Sternketten um den Hals. Sie ändern ihren Namen in Rachel, in Hannah, in David, in Nathan.


„Jew-facing“*: Deutsche, oft mit Nazi-Erbe und manchmal mit fabriziertem Ahnengemunkel, die versuchen, als jüdisch durchzugehen, entweder durch formale Konversion oder einfach durch Vortäuschung. 


Dieses Phänomen betrifft das ganze politische Spektrum. Deutsche von der Rechten wie von der Linken lieben es, ein jüdisches Gesicht zu zeigen. Aber man kann nicht aus einer Abstammungslinie heraus konvertieren. Geschichte ist eine durchlässige Sache, aber sie ist nicht formlos. Sie ist nicht ohne Implikationen.


Was sind legitime Gründe, eine Identität zu beanspruchen? Wer entscheidet darüber?


Oft wollen diese weißen Deutschen mehr als nur konvertieren. Sie wollen Macht. Sie wollen im Namen aller jüdischen Menschen sprechen. Sie wollen eine moralische Berechtigung und einen exotischen Nervenkitzel.


Wenn man zum Judentum konvertiert, tut man dies, um sich einer jüdischen Gemeinschaft anzuschließen. Aber was ist eine Konversion, wenn die Gemeinschaft völlig dezimiert wurde?

In Deutschland ist die jüdische Konversion ein Karrierebeschleuniger. Viele deutsche Konvertiten bewerben sich um jüdische Stipendien und sitzen in den Vorständen von jüdischen Stiftungen, Synagogen und Kunstinstitutionen. In ganz Deutschland werden akademische Positionen im Bereich der Judaistik von deutschen Konvertiten besetzt, von denen viele eine zionistische Apartheid-Agenda verfolgen.


Je mehr ich mit anderen über das Phänomen des „Jew-facing“ in Deutschland spreche, desto mehr verstehe ich seine geopolitischen Implikationen. Reale soziale, kulturelle und materielle Ressourcen stehen auf dem Spiel. 


Für weiße Deutsche bleibt das Jüdischsein eine extrahierbare und wertvolle Ressource: ein instrumentalisiertes Kostüm. Ein Kostüm, das es den Deutschen erlaubt, ein Jüdischsein nach ihrem eigenen Bild zu schmieden.


Im heutigen Deutschland dienen Konvertiten zum Judentum oft einer liberalisierten Agenda. Diese ermöglicht es dem Staat, sich zur Erneuerung einer bestimmten Art von jüdischem Leben zu beglückwünschen, einem, das von Geschichte und religiöser Praxis losgelöst ist. In einer kranken Umkehrung des Völkermords bleibt die deutsche Konversion zum Judentum kolonial: ein Bedürfnis, Jüd_innen zu besitzen, sie zu kontrollieren, für sie zu sprechen und nun selbst zu ihnen zu werden. 


Was sind legitime Gründe, eine Identität zu beanspruchen? 


Lange vor Israels Völkermord** in Gaza hat Deutschlands Hinwendung zum Jüdischsein dazu geführt, das Palästinenser_innen brutal unterdrückt und zum Schweigen gebracht werden. In den letzten Monaten hat dies noch zugenommen, indem die Berliner Polizei palästinensische Aktionen, Veranstaltungen und Konferenzen verboten hat.


Die Zensur und Repression in Deutschland erfolgt oft unter dem hochtrabenden Vorwurf des Antisemitismus. Aber wer definiert Antisemitismus in Deutschland?


Die Solidarität mit Palästina ist für mich und viele andere Jüd_innen eine grundlegende politische Priorität. Das Phänomen der deutschen Konvertiten und ähnlicher Hochstapler_innen erschwert den Aufbau echter Solidaritätsnetze zwischen Jüd_innen und anderen Gruppen, die einen Völkermord erlebt haben oder ihm ausgesetzt sind.


In vielerlei Hinsicht ähnelt „Jew-facing“ einem ähnlichen Phänomen in Nordamerika, einem Kontext, mit dem ich mich besonders gut auskenne, da ich in den Vereinigten Staaten aufgewachsen bin.


Jedes Jahr beanspruchen mehr und mehr Weiße in den USA und in Kanada durch DNA-Tests ein indigenes Erbe. Unter dem Deckmantel der „Wissenschaft“ (die in ihrem biologischen Determinismus auf unheimliche Weise eugenisch ist) können diese Weißen die indigene Herkunft instrumentalisieren. Unter dem Vorwand der Abstammung sichern sie sich Stipendien, Stammeszugehörigkeit, berufliche und künstlerische Positionen.


Die Professorin und Forscherin Kim TallBear stellt fest, dass diese Menschen oft eine „Identität ohne Beziehung“ suchen. Wie ein Bumerang zwischen den Stolpersteinen fliegen mir ihre Worte wieder zu: Identität ohne Beziehung. 

Ich verstehe mein eigenes Jüdischsein als einen Akt der Integrität gegenüber meinen Vorfahren und meiner Kultur. Wenn ich eine Synagoge in Berlin betrete, einen angeblich jüdischen Raum, bin ich von blonden Haaren und blauen Augen umgeben. Keiner im Raum weiß, wie man betet. Neben mir krächzt eine Frau in hohem Sopran. Ich möchte mich zu ihr beugen und ihr ins Ohr flüstern: So singen wir nicht! Als Juden getarnt, dringen Deutsche in den jüdischen Raum ein und zensieren jüdische Äußerungen. Die parasitäre Beziehung zwischen Deutschen und dem Judentum bleibt bestehen.

Der Kolonialist will alles, sogar die Rolle des Opfers. Und der Kolonialist wird alles tun, um sie zu erlangen - war das nicht schon immer seine Art?

Doch die Opferrolle kann nicht der einzige Weg zur kulturellen, sozialen oder politischen Teilhabe sein. Wir müssen andere Wege des Zusammenseins, andere Netze der Solidarität schmieden.

Die Anishinaabe-Autorin Patty Krawec schreibt: 


„Wenn wir Legitimität nur durch Opferrollen beanspruchen können, dann haben wir die Fähigkeit verloren, echte, politische Antworten auf echte, politische Probleme zu finden.“


Wir verlieren unsere Fähigkeit, zu reagieren. 


Wie können wir uns als Künstler_innen, Kurator_innen und Kulturarbeiter_innen außerhalb dieses ausbeuterischen Rahmens der Opferrolle organisieren? Was kann uns inmitten so vieler Schichten der Täuschung leiten?


Ich möchte einen Begriff verwenden, den ich bei Krawec gelernt habe und der mir geholfen hat, mich in diesem verworrenen Netz von Beziehungen zurechtzufinden. Der Begriff ist kulturelle Souveränität: die Fähigkeit einer kulturellen Gruppe, sich selbst zu definieren, zu bestimmen und zu regieren. 


Die Stärke dieses Konzepts liegt für mich darin, dass es die Anziehungskraft weg von der persönlichen Identität und hin zur kollektiven Macht verlagert. 


Das Nachdenken über und mit kultureller Souveränität erzwingt eine Konfrontation mit den fragwürdigen Methoden, mit denen die hegemoniale – in diesem Fall deutsche – Macht funktioniert. 

Zensur, Sündenbocksuche, Protestverbote und Sprachauslöschung: Wessen Stimmen werden gehört und wessen Stimmen werden zum Schweigen gebracht? Welche Freiheitskämpfe werden als legitim und dringend angesehen und warum?

Statt Repräsentation zu fetischisieren oder zur Waffe zu machen, müssen wir überlegen, wie sich unsere kuratorischen Entscheidungen auf marginalisierte Gruppen und größere gesellschaftliche Narrative auswirken. Wie können wir die Schichten der Täuschung in Echtzeit durchschauen?


Wenn kulturelle Souveränität ein Leitwert in kuratorischen Entscheidungsprozessen wäre, könnte sich vielleicht das feste Standbein der deutschen Konvertiten verändern.


Dieser Text ist ein Auszug aus einem größeren lyrischen Essay und bleibt eine poetische Intervention, die auf persönlichen Erfahrungen und Forschungsergebnissen beruht.

Literaturhinweise:

  1. Krawec, Patty.  Becoming Kin: An Indigenous Call to Unforgetting the Past and Reimagining our Future. Minneapolis: Broadleaf Books, 2022. 

  2. Tallbear, Kimberly. Native American DNA: Tribal Belonging and the False Promise of Genetic Science. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2013.   

  3. Tzuberi, Hannah. “’Reforesting’ Jews: The German State and the Construction of ‘New German Judaism,’“ Jewish Studies Quarterly, Issue 27, Vol. 3, 199-224. 

  4. Tzuberi, Hannah. “When the State Converts: Identification and Moral Panic in Contemporary Germany,” Association of Jewish Studies: 53rd Annual Conference, December 17-21, 2021. 

* Siehe die englischsprachige Wikipedia: „Jewface ist ein Begriff, der stereotype oder unauthentische Darstellungen jüdischer Menschen negativ charakterisiert. Der Begriff existiert seit den späten 1800er Jahren und bezieht sich im Allgemeinen auf das dargestellte Jüdischsein.“

** Anm. d. Red/nGbK: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung befindet sich Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in einem Verfahren, in dem es sich gegen den Vorwurf Nicaraguas verteidigt, an einem Völkermord im Gazastreifen beteiligt zu sein. Im Fall Südafrika gegen Israel hat der Internationale Gerichtshof am 26. Januar 2024 Israel aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um Handlungen zu verhindern, die als Völkermord im Sinne der Völkermordkonvention von 1948 angesehen werden könnten.

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Curating through Conflict with Care, 2022

Unbehagen Pflegen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

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Ein Rezept für Landanerkennungen.

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In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Ein Gedicht: Miete ist fällig

von Fatim Selina Diaby
2024
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Miete ist fällig
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eine Zahlung verzögert 
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eine Antwort  
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ausstehend  
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Die Miete ist fällig 
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ein (ab)geschlossener Vertrag 
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eine Unterschrift Erzwungen 
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Die Miete ist fällig 
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zur Cocktailstunde 
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eine neue Anfrage  
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Die Miete ist fällig 
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eine Zusammenarbeit in  
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weißem Diebstahl  
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ich lehne ab
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Die Miete ist fällig 
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ich zahle nicht  
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Die Miete ist fällig 
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ich gebe nicht(s) 
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Schließ mich aus
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Bezieh mich mit ein 
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Nutz mich aus
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Bitte. 
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Die Miete ist fällig 
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Ein.
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Letztes. 
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Mal. 
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Die Miete ist fällig 
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ich esse nicht
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Die Miete ist fällig 
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ich schlafe nicht 
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Die Miete ist fällig  
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ich atme nicht 
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Die Miete ist fällig  
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ich denke an 
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DE 
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Nazifizierung  
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Ich denke an  
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Diese 
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Nation
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Die Miete ist fällig 
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Kolonisierung 
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Die Miete ist fällig 
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Ausbeutung 
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Die Miete ist fällig 
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sorry.
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Nein. 
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das ist ein Missverständnis
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Die Miete ist fällig 
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eine Erklärung  
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erreicht mich 
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Die Miete ist fällig 
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wir haben nie gesagt 

wir sind verantwortlich 
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(Die Miete ist fällig)
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für alles


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Unbehagen Pflegen

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Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

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Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

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gesammelt während der Workshops auf dem Symposium Curating through Conflict with Care 2023.

  • Organisieren erfordert den Aufbau von Vertrauen. Die erste Frage, die wir uns stellen, wenn wir zusammenarbeiten wollen, ist: Was brauchen wir, um uns sicher zu fühlen, um mit jemand anderem arbeiten zu können? Wir kommen auf diese Frage zurück und diskutieren sie häufig.

  • Co-Mentorships eingehen: gegenseitige “Check-Ins” organisieren, Ressourcen teilen und einladen, Aufgaben und Rollen untereinander zu teilen.

  • Anderen, die in der gleichen oder ähnlichen Position sind, anbieten, den Vertrag und die Verhandlungssprache zu teilen.

  • Wenn eine Einladung nicht angenommen werden kann, eine andere Person vorschlagen. Durch Co-Mentorship Arbeit übernehmen.

  • Wenn eine Vereinbarung oder eine Frist, die mit Mitarbeitenden getroffen wurde, nicht eingehalten werden kann, dies so schnell wie möglich mitteilen UND Alternativen vorschlagen, damit die Arbeit nicht ohne Zustimmung auf eine andere Person übertragen wird.

  • Institutionen, die mit Dir zusammenarbeiten wollen, bitten, einen monetären Beitrag an eine Organisation oder Gemeindegruppe zu leisten, die deine Arbeit aktiv oder ideell unterstützt hat. 

  • Klatsch ist politischer Widerstand: Teile Warnungen über institutionelle Ausbeutung mit, um andere zu schützen. 

  • Bei Unannehmlichkeiten präsent sein: Wenn jemand bei der Arbeit verletzt wird, Hilfe anbieten und Raum für private Konfliktschlichtung und Verantwortlichkeiten-Prozesse schaffen.

Ein Rezept für Landanerkennungen.

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

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Institutionalisierung des Konflikts

Ressourcen für die Finanzierung

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Was sind die verhandelbaren Bedingungen eines Vertrags? Welche sind nicht verhandelbar?


Künstler_innen sollten verhandeln:

  • erstens, dass alle mündlichen Vereinbarungen auch schriftlich festgehalten werden

  • Du kannst unbegrenzte Nutzungsrechte für vertraglich vereinbarte Arbeiten verweigern (nenne deine eigenen Nutzungsbedingungen, einschließlich zeitlich begrenzter Rechte)

  • Du kannst Klauseln zur politischen Sicherheit hinzufügen, einschließlich des Rechts, ein Kunstwerk vom Netz zu nehmen

  • Du kannst Klauseln zum Schutz vor Zensur hinzufügen

  • Du kannst darauf bestehen, dass dein Tagegeld im Voraus gezahlt wird und nicht erst nach der Arbeitsperiode

  • Du kannst auf eine Kinderbetreuung bestehen

  • Du kannst darauf bestehen, dass der Eintritt zu deiner Kunst frei ist (wenn nicht für alle, dann für Menschen mit geringem Einkommen)

  • Du kannst darauf bestehen, dass Institutionen einen Beitrag an eine Organisation oder eine gemeinnützige Gruppe leisten, die deine Arbeit unterstützt hat

  • Du kannst auf einer professionellen Dokumentation der Arbeit und dem Besitz der Urheberrechte bestehen

  • Du kannst einen Überblick über Sprache und Kommunikation (Werbung und Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf deine Arbeit, Inhalte und Namen) verlangen

  • Du kannst auf Unterstützung bei der Visumserteilung bestehen

  • Du kannst darauf bestehen, dass die Einrichtung alle Reise- und Verpflegungskosten während der Arbeit übernimmt 


Bevor ein Vertrag unterschrieben wird:



  • Erwartungen festlegen: gegen klare Ergebnisse, „meine Praxis ist prozessorientiert mit offenen Ergebnissen“

  • Du kannst einen Überblick über Sprache und Kommunikation (Werbung und Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf deine Arbeit, Inhalte und Namen) anfordern

  • eine direkte Kontaktperson anfordern, die für dich zuständig ist

  • Wenn du reisen musst, bitte um Unterstützung bei der Visumserteilung

  • Bestehe darauf, dass alle mündlichen Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden! 


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Zu Fragen zum Thema Konflikt

von Parand Danesh
2024

Im Kontext einer normalisierten Konfliktzone und der Normalisierung der Militarisierung: Wie formt der Konflikt unsere Praxis?


Da die Routine der Militarisierung täglich unzählige sichtbare und unsichtbare Narben in Landschaften und menschlichen Körpern hinterlässt, kann sie uns dazu verleiten, unsere Aufmerksamkeit auf die Unmittelbarkeit des Konflikts zu richten – eben diese Unmittelbarkeit, die den Konflikt unpersönlich macht. Gegen diese Unmittelbarkeit, die politischen und medialen Zwecken dient, müssen wir einen progressiven, langsamen, intimen, mikroebenen- und basisorientierten Ansatz des Konflikts setzen, um die gelebten Erfahrungen seiner Normalisierung zu berücksichtigen und somit unzählige Gegen-Narrative formulieren zu können. Außerdem fordert uns der Konflikt – insbesondere in normalisierten Zonen – heraus, zu hinterfragen, wie, warum und wem Gewalt und Gewaltlosigkeit zu ansonsten neutralen Geografien und gewöhnlichen Menschen geworden sind. Für diejenigen von uns, die sowohl in als auch aus Gebieten arbeiten, die durch Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte von Konflikt gezeichnet sind, wird unsere Praxis durch ein reflektiertes und sensibles Verhältnis zum Studium des Konflikts geformt, gerade weil er Teil unseres Alltags geworden ist. Meiner Meinung nach liegt hier die Komponente der Fürsorge, die unsere Beziehung zu den Konflikten formen kann, durch die wir kuratieren.


Wie beeinflussen und beeinträchtigen die Materialien, die wir verwenden, die Themen, die wir erkunden, die Mittel, die wir erhalten, Künstler_innen und die kulturelle Landschaft?


Ob es sich um Fotografie, Video oder Mixed-Media handelt, können die von uns verwendeten Materialien denselben Effekt der Unmittelbarkeit erzeugen, auf den ich oben verwiesen habe. Zum Beispiel könnte ein gewaltsames Bild die Realität eines Konflikts einfangen und sogar Zeugnis davon ablegen, aber gleichzeitig den breiteren Kontext verdecken oder die dargestellten Personen noch mehr Gewalt aussetzen, diesmal symbolisch. In Bezug auf die Frage der Finanzierung gehen Ressourcen oft mit Erwartungen einher. Ob staatlich finanziert, von NGOs getrieben oder von privaten Unternehmen stammend, gibt es immer eine Erzählung, die vorangetrieben werden muss, wenn Mittel bereitgestellt werden. Daher ist es unsere Verantwortung, kritisch zu prüfen, wer unsere Arbeit als Künstler_innen, Forscher_innen und Kurator_innen finanziert und warum, da dies zwangsläufig die kulturelle Landschaft beeinflusst, zu der wir gehören. Darüber hinaus kann eine Finanzierung zwar eine größere Sichtbarkeit ermöglichen und eine Plattform bieten, uns jedoch auch auf nicht intuitive Weise in bestimmte Themen zwingen und/oder bloße Trends verstärken. Daher müssen wir vorsichtig sein.


Wie können wir verantwortungsbewusst forschen und kuratieren, wenn wir mit verletzlichen und unterdrückten Erfahrungen arbeiten, ohne die marginalisierten Positionen zu exponieren oder auszubeuten?


Ich glaube, dass den Einzelpersonen und Gruppen, die von der in konfliktgeplagten Gebieten grassierenden Gewalt betroffen sind,  zugestanden werden sollte, ihre eigenen Erzählungen aktiv zu gestalten. Informierte Zustimmung sollte im Mittelpunkt jedes Projekts stehen, das private Bürger_innen betrifft.  Ebenso sollte vollständige Transparenz hinsichtlich Absicht und Methodik eine Priorität sein, um einen respektvollen, authentischen und würdevollen Ansatz zu gewährleisten, der Ethik an vorderste Stelle stellt.


Welche sind die besten Methoden, um vorsichtig zu sein, wenn man polarisierte, politisch aufgeladene und historisch ausgeschlossene Narrative angeht?


Bei der Ansprache kontroverser Themen hilft ein vielschichtiger Ansatz. Ich glaube an die Kraft sehr lokaler Quellen und langfristiger Feldarbeiten. Je näher wir den gelebten Realitäten des Konflikts in seiner täglichen Bewältigung, in den verschiedenen Ebenen seines Umfelds kommen, desto besser können wir Zeugnisse und Erinnerungen überprüfen, konfrontieren und integrieren. Ebenso wichtig ist das Bewusstsein für die breiteren theoretischen Rahmen, die uns helfen, die tieferen biologischen, kognitiven, verhaltensbezogenen und historischen Mechanismen des Konflikts innerhalb jeder politischen oder sozialen Umgebung zu analysieren. Dies kann uns helfen, aus einer Vielzahl von Fallstudien die unveränderlichen Aspekte zu ziehen und Muster in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Konflikten zu erkennen. Schließlich müssen wir uns auch unserer eigenen Vorurteile und Positionierungen während unseres gesamten kreativen und intellektuellen Prozesses bewusst sein.


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Ein Gedicht: Miete ist fällig

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Eine polyphone Hypothese

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

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Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

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Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

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Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

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OFFENE FRAGEN

  • Haben Künstler_innen Handlungsfähigkeit? Können sie Agency weitergeben oder teilen?

  • Wie würde eine Agentur für freischaffende Künstler_innen aussehen?

  • Welche Strukturen müssen wir aufbauen, um in der Kunstwelt sinnvolle Risiken einzugehen?

  • Welches Verhältnis besteht zwischen der Vision von dem, was wir wollen, und der Zeit, die wir dafür haben?

  • Wie können wir unsere Zeit organisieren: die Zeit anhalten, die Zeit in Anspruch nehmen, wenn wir über Streik und gewerkschaftliche Organisierung nachdenken?

  • Warum haben uns keine Gewerkschaften rekrutiert?

  • Wo sind die Räume, die wir brauchen, um frei zu sprechen?

  • Was ist Mentor_innenschaft?

  • Bedeutet weniger Arbeit mehr Nachhaltigkeit (für unsere eigene psychische Gesundheit, für die systemische Gesundheit des Planeten)?

  • Wie gehen wir mit der Zeitlichkeit von Projekten um?

  • Wie gehen wir mit dem Abfall der Zeitlichkeit der Kunstwelt um (dem materiellen Abfall von temporären Ausstellungen und Kunsthandwerk: Farbe, Gips, Chemikalien)?

  • Wie können wir für die Kontinuität eines „sozialen Ereignisses“ sorgen?

  • Wo sind die Anwälte der Künstler_innen?

  • Wo liegen die Grenzen von Trigger-Warnungen?

  • Was erwarten wir von dem Angebot/der Einladung desder Kuratorin?

  • Was ist „Gerechtigkeit“ in der Kunstwelt?

  • Wie können wir die Ausschlachtung der Begriffe „Gerechtigkeit“ und „Transparenz“ stoppen, die uns die Verhandlungsmacht nimmt und jede Diskussion beenden soll?

  • Was sind die verhandelbaren Bedingungen eines Vertrages? Was ist nicht verhandelbar?

  • Wie können wir eine stärkere „Arbeiter_innen“-Identität aufbauen?

  • Wie können wir unsere Energie für unser Kunstwerk schützen?

  • Welche Art von Arbeit können wir an Unterstützungssysteme delegieren?

  • Welche Fragen müssen wir uns stellen, um uns selbst zu überprüfen und Burn-out, Verlust von Integrität und Scham zu vermeiden? 


 WUNSCHLISTE

  • Bezahlte Mentor_innenprogramme

  • Künstler_innenagenturen/Agenten

  • Künstler_innengewerkschaften

  • Richtlinien, dass öffentliche Gelder an die Arbeitsbedingungen der Gewerkschaften gebunden sind

  • institutionelle Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse sollten regelmäßig von den Gewerkschaften geprüft und bewertet werden

  • Budgets für Wellness und Therapie bei der Arbeit mit traumatischen Themen

  • eine Übersicht über Kunstförderungen, Stipendien und Residencies - d.h. über Ressourcen, um aus dem Modus des Überlebens von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck auszubrechen

  • ein Steuerworkshop für Künstler_innen

  • Kinderbetreuung für arbeitende Künstler_innen


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CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

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Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

oder „Wer interessiert sich für das Unten?“ 

Reflektionen
von Cẩm-Anh Lương
2024

Wie kann die kuratorische Praxis unterschiedliche Perspektiven und Stimmen einbeziehen, und welche Konflikte können dabei entstehen? Wo können wir eine Geschichte finden, die ungehörte, marginalisierte, feministische und postkoloniale Stimmen von unten nach oben einschließt? 

Dies waren einige der Fragen, die während eines Symposiums zum Thema „Curating through Conflicts with Care“ mit Lama Al Khatib und Cornelius Refem Fogha Mc gestellt wurden. Als kunstschaffende Person war ich beeindruckt von der Notwendigkeit eines Bottom-up-Ansatzes, mit dem die Herausforderungen in der bestehenden Infrastruktur erkannt und ein integrativeres Kunst-Ökosystem geschaffen werden könnte. Obwohl mir mehrere Ansätze in den Sinn kamen, gingen mir vor allem diese Fragen nicht aus dem Kopf. Wie können wir also von unten anfangen und uns nach oben arbeiten (und vielleicht wieder zurück nach unten)? Wer interessiert sich für das Unten? 

Kurze Antwort: Unten ist das Fundament. Ohne das Unten gäbe es kein Oben! 

Sara Ahmed weist darauf hin, dass Diversity Worker darauf hinarbeiten, Organisationen zu ermutigen, sich für mehr Vielfalt zu verpflichten, aber die Interpretation dieser Verpflichtung innerhalb dieser Organisationen variiert 3 . Die Realität sieht so aus, dass es keinen speziellen Raum für diejenigen gibt, die ganz unten stehen, und dass die oberste Verwaltungsebene die Diversity-Arbeit oft nicht ernst nimmt, was die Arbeit für diejenigen in weniger machtvollen Positionen schwierig macht. Wenn mehrere Fristen gleichzeitig näher rücken und Herausforderungen sich anbahnen, haben diejenigen, die nicht an der Spitze stehen, Mühe, die gleiche Leistung zu erbringen aufgrund der zusätzlichen Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind. 

Während eines Gemeinschaftsprojekts im Jahr 2021, das sich auf die Erfahrungen von BIPOC und transnationalen Studierenden in einem überwiegend weißen Raum konzentrierte, wurde deutlich, dass Universitäten die Bedeutung von Räumen, die von Studierenden für soziale Kontakte organisiert werden, oft nicht anerkennen. Der „Performance-Raum“ wurde für diejenigen geschaffen, die ihn brauchten, und nicht für diejenigen, die in eine bestimmte Kategorie passten. Tokenisierung und Internalisierung führten zu Brüchen zwischen den Teilnehmer_innen und offenbarten die Hierarchien im Unten. Als ich letztes Jahr an einer prestigeträchtigen Ausstellung in einem Kollektiv arbeitete, wurde mir erneut ein sich wiederholendes Muster der Hierarchie bewusst. Die Worte, mit denen Vielfalt gepriesen und Ausgrenzung innerhalb der Kunstinstitutionen bekämpft wird, erfassen oft nicht die gewalttätigen Realitäten, die sich zwischen ihnen verbergen. Was verbindet die da unten mit denen an der Spitze? Wo finden wir eine gemeinsame Basis? 

Auf der einen Seite gibt es Menschen wie mich – eine Migrantin der ersten Generation, Neuankömmling, Mutter, Berufswechslerin, Spätstudierende und Künstlerin (je nachdem, in welchem Jahr ich in Deutschland angekommen bin). Auf der anderen Seite steht vielleicht ein weißer, einheimischer, etablierter Künstler mit bestehenden Netzwerken, der seine Kunst auf Inklusion ausrichtet und für seine Bemühungen gelobt wird, Migrant_innen oder Geflüchteten, die von Kunstinstitutionen ausgeschlossen sind, Zugang zu verschaffen. Wer profitiert langfristig, nachdem eine Ausstellung kuratiert wurde? Besteht das Kollektiv weiter? Wer erhält die Anerkennung? Wer kehrt nach einem kurzen Aschenputtel-Moment – einem Sternschnuppen-Moment – in die Unterdrückung zurück, nur um dann in der grausamen Alltäglichkeit derjenigen zu verschwinden, die ganz unten stehen? 

Während ich über diese großen Fragen nachdachte, schaute ich aus meinem Fenster auf meine Nachbarschaft und bemerkte ein Naturwunder auf dem Rasen – einen Kreis aus Pilzen, bekannt als Feenring 4 . Er wuchs auf wundersame Weise nach zwei Tagen mit starkem Regen Anfang August in Berlin. Dieses Naturwunder erinnert mich an eine Achtsamkeitsübung von Shivā Āmiri am zweiten Tag des Symposiums, bei der wir einen Kreis bildeten und achtsam unsere Umgebung und unseren Atem wahrnahmen. Es war ein zeitlich süßer Moment der (körperlichen) Vereinigung unter den Teilnehmenden, als wir einen Kreis in dem Bruch(buchstäblich) zwischen den Gebäuden des Südblocks bildeten, während die Stadttauben noch immer ihre Krümel auf dem Boden neben uns pikten. 

Wenn man die kuratorische Praxis als eine soziale Tätigkeit betrachtet, die sich auf die Verbindungen zwischen Objekten, Menschen, Orten und Diskursen konzentriert (Maria Lind & Jens Hoffmann 5 ), was können wir dann von der natürlichen Infrastruktur eines Feenrings lernen? Ein Feenring beginnt damit, dass das Myzel eines Pilzes auf eine günstige Stelle fällt und ein unterirdisches Netz aus feinen, röhrenförmigen Fäden, den Hyphen, aussendet. In ähnlicher Weise können auch kuratorische Praktiken mit unterschiedlichen Perspektiven und Stimmen beginnen. Machtungleichgewichte zwischen etablierten Bäumen und dem zerbrechlichen Pilzgeflecht können zu Konflikten führen, die für unwissende menschliche Augen vielleicht nicht sichtbar sind. Wie können Pilznetzwerke mit ihrer Umgebung kommunizieren, um Ressourcen zu teilen? Sprachbarrieren, unterschiedliche Umgebungen und andere zeitliche Aspekte können die Kommunikation behindern. Einige Mitglieder des Ökosystems, wie z. B. Bäume und Wildblumen, haben Pilze bereits in ihr „Programm für biologische Vielfalt und Integration“ aufgenommen. Andere sind vielleicht noch Fragmente von Myzel, die im Boden herumschwimmen und auf Sichtbarkeit und Einbeziehung hoffen. Denn könnte dieser Baum ohne die Nährstoffe, die einige der Hyphen im Netzwerk liefern, langfristig, fest, sichtbar und nachhaltig an der Spitze existieren? 

Kuratorische Praxis kann damit beginnen, zu versuchen, potenzielle Netzwerke zu identifizieren, noch bevor sie existieren, so wie ein Feenring durch das Myzel eines Pilzes gebildet wird. Dazu muss man mit Künstler_innen oder Mitgliedern von Kollektiven kommunizieren und Vertrauen aufbauen, was nicht von heute auf morgen möglich ist!  

Die Pilze, die aus dieser kreisförmigen unterirdischen Matte emporwachsen, bilden über der Erde ein ähnliches Muster und spiegeln in kuratorischen Praktiken verschiedene Perspektiven und Stimmen wider. Vielfalt und Inklusion sollten ein fortlaufender Prozess sein, der kontinuierliche Aufmerksamkeit und Anstrengung erfordert, so wie die äußeren Ränder des Feenrings Jahr für Jahr weiter wachsen. 

Sharing is Caring: Support-Systeme

Ein Gedicht: Miete ist fällig

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Offene Fragen und Wunschliste

Eine polyphone Hypothese

Institutionalisierung des Konflikts

Curating through Conflict with Care, 2022

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Unbehagen Pflegen

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Eine polyphone Hypothese

von Azadbek Bekchanov
2023


Welche Geschichten werden erzählt? Von wem? Für wen? Hören wir den richtigen zu? Das sind die Fragen, die mir immer wieder durch den Kopf gehen. Es geht darum, Infrastrukturen im weitesten Sinne zu schaffen, die Geschichten beherbergen können, die immer wieder erzählt werden müssen. Das versuche ich seit Jahren zu tun. Ich möchte über die Anliegen sprechen, die ich habe. Ich habe das Gefühl, dass es nach drei Jahren, in denen ich Teil eines von Künstler_innen geführten Raums mit Menschen bin, von denen mir einige nahe stehen und einige weniger, endlich an der Zeit ist, es zu tun. Es ist nicht einmal so viel, aber ich habe das Gefühl, dass ich Dinge zu sagen habe, die hoffentlich ein wenig interessant sind oder Sinn ergeben. Über diese Themen zu sprechen, ist dennoch heikel. Es beinhaltet persönliche Geschichten, die man zu verstehen versucht. Es birgt das Risiko, seine persönliche Herkunft und Konflikte zu sehr preiszugeben. Die weiße Kunstwelt ist so begeistert von unseren persönlichen Geschichten, davon, wie schwer es ist, aufzuwachsen, wenn man aus einem diasporischen Hintergrund stammt, und von den daraus resultierenden Konflikten. Sie brauchen diese Geschichten, weil sie nicht wissen, wie sie mit ihrer Schuld umgehen sollen. Unsere Geschichten werden zu austauschbarem Material, das extrahiert werden kann, damit sie mit ihrer Illusion der weißen Unschuld leben können. Sie ernähren sich von unseren Konflikten, um ihre eigene Erzählung aufzuzwingen und zu entscheiden, wer gehört werden soll und wer nicht. Wie gehen wir damit um? Wie schaffen wir Infrastrukturen, die uns vor einem weißen Blick schützen können, der früher oder später versuchen wird, sie gegen uns zu verwenden? Wenn wir Sprache als Infrastruktur betrachten, können wir sie nutzen, um Bilder zu schaffen und sie so zu formen, dass Geschichten erzählt werden, die nicht für jeden leicht zugänglich sind. Geschichten von uns selbst, für uns selbst zu erzählen, ist eine wichtige Methode, die wir wieder in die Praxis umsetzen müssen. Es geht darum, mit wem wir sprechen, wem wir unsere Geschichten erzählen.

Ich habe das Gefühl, dass die meisten kuratorischen Projekte, die ich gemacht habe, darum gingen, Fragen auf kollektive Weise neu zu denken: Wie tragen wir Erinnerungen aus der Vergangenheit in uns? Was können uns diese Erinnerungen über unsere Realität sagen? Mich interessiert, wie wir Geschichten neu erzählen können, die zum Verstummen gebracht wurden, denn wenn sie immer wieder wiederholt werden, beginnen sie sich anders anzuhören. So fühle ich mich in meiner kuratorischen Arbeit; es ist dieselbe Geschichte, die ich immer wieder erzähle - von familiären Fragmenten, von Erinnerungen, die ich von meinen Eltern geerbt habe. Es geht um eine Fantasie von etwas, das uns verlassen hat. Wegen ihrer polyphonen Natur kann kuratorische Praxis diese Fragen in sich tragen. Viele Stimmen bewohnen uns aus unserer Vergangenheit, aus dem, was wir geerbt haben, und es ist an der Zeit, dass wir anfangen, sie wieder erklingen zu lassen.

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Ein Gedicht: Miete ist fällig

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Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Offene Fragen und Wunschliste

Institutionalisierung des Konflikts

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

CCC Symposium Programm 2023

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

Von Konflikten lernen

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Über CCC

Curating through Conflict with Care, 2022

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

von Pegah Byroum-Wand
2024

Damals im August 2023, als das Symposium stattfand, habe ich in meinem kleinen Notizbuch mit schwarzer und roter Tinte als „Dokumentar*in“ des Ereignisses Notizen gemacht. Ich wusste, dass das Teilen von Erfahrungen und Kenntnissen über die Arbeit in, neben, mit oder gegen (deutsche) Kultureinrichtungen ein umstrittenes Thema sein würde. Doch acht Monate später wurden die Welt und die Menschheit erneut auf grausame Weise auf den Kopf gestellt, und mir fehlen die Worte. Ich bin schockiert darüber, was marginalisierte Menschen in diesem Land erneut erleben, insbesondere in den kulturellen und akademischen Bereichen, aber es ist nicht sehr überraschend, wenn man die lange Geschichte von Rassismus, Kolonialismus und Antisemitismus in Deutschland betrachtet.

Dokumentation verleiht Dingen Bedeutung und Sichtbarkeit. Dokumentation kann ein schriftlicher Bericht über Gesprächspunkte sein, sie kann als Beweis oder Quelle dienen und kann auch als Archiv dienen, das Autorschaft und Wissen den Perspektiven einzelner Personen zuschreibt. Dies würde jedoch dem Charakter der kollektiven Stimme 6 emanzipatorischer Bewegungen widersprechen. So erhebend und existenziell benennend und zuschreibend die meisten Male auch sein mögen, Zitate können Einzelpersonen auch zur Zielscheibe von Verleumdung machen, insbesondere in unserem derzeitigen gesellschaftlichen Klima. Da sie die Teilnehmer_innen und Organisator_innen von CCC als temporäre und kollektive dreitägige Bewegung versteht, vernachlässigt die folgende Dokumentation jedoch individuelle Autorschaften und Zuschreibungen.

Am Anfang des Symposiums versuchte ich, so viel wie möglich in meinem Notizbuch festzuhalten, um ein „vollständiges“ Bild zu liefern. Aber ich frage mich: Worüber bin ich mir (nicht) aufgrund meiner sozialen Positionierung bewusst? Diese Dokumentation ist eine Zusammenfassung dessen, was ich als cisgeschlechtliche, körperlich fähige, akademische Frau und rassifizierte Person mit deutschen Passprivilegien und Eltern, die politische Flüchtlinge waren, wahrgenommen habe. Meine Notizen sind nicht chronologisch, sondern thematische Zusammenfassungen der CCC-Debatten.

Meine Reflexionen sind markiert mit „«…»“.


Prolog: Reflexionen über die Internalisierung institutioneller Rahmenbedingungen auf dem Symposium

«Während der Eröffnungspanels des ersten Tages („Das Entlernen des Kuratierens & das Aufheben von Hierarchien in der Kunstwelt“ und „Alternative kuratorische Methoden“) erkannte ich ein Muster, das ich auch schon auf einigen vergangenen Veranstaltungen von selbstorganisierten, basisdemokratischen oder anderen machtkritischen Gruppen und einigen von mir selbst organisierten Veranstaltungen bemerkt hatte: Wir bemühen uns sehr, institutionelle Rahmenbedingungen, exklusive Vorstellungen von Professionalität, Dringlichkeit und Arbeitsleistung zu hinterfragen. Oder kurz gesagt: Wir versuchen, die „weiße Vorherrschaftskultur in Institutionen“ 7 zu überwinden. Doch hier sind wir, reproduzieren Normen, die aus der Arbeit in/mit solchen Institutionen stammen, zum Beispiel die Organisation von Podiumsdiskussionen auf einer Bühne mit einem sitzenden Publikum vor der Bühne, das den Podiumsgästen zuhört, die über ihnen sitzen. Alle Augen sind auf die Bühne gerichtet und die Podiumsgäste agieren unter den üblichen Blickpolitiken.

Wir könnten damit beginnen, eine Art „gegensätzlichen Blick“ 8 als Form des Widerstands zu praktizieren und diese hierarchischen Einstellungen des Austauschs zu ändern, oder nicht? Als wir später begannen, in Sharing-Zirkeln zu arbeiten, unterbrachen wir die Logik dieser hierarchischen Blickpolitik immer mehr und schufen gegenseitigen Austausch auf einer gleichberechtigteren Ebene.»


(Alternative) kuratorische Praktiken innerhalb und außerhalb deutscher Institutionen

Die Podiumsdiskussion über „Alternative kuratorische Methoden“ drehte sich um die Frage, wie man verbreitete kuratorische Praktiken, die Ungleichheit reproduzieren, verhindern und stattdessen andere entwickeln kann. Schließlich kann es als Teil der Kunst- und Kulturszene in Deutschland manchmal bedeuten, an Macht, Unterdrückung, Ausgrenzung, Zensur oder Ausbeutung beteiligt zu sein.

Ein Beispiel für eine verbreitete kuratorische Praxis, die von den Podiumsteilnehmenden diskutiert wurde, ist die Kombination von visuellen und textuellen Elementen, um die Autorität und Glaubwürdigkeit des geschriebenen Wortes zu betonen. Diese Methode ist in vielen kulturellen Institutionen und kuratorischen Settings normalisiert. Eine alternative Praxis, die auf dem Podium vorgestellt wird, ist die Collage als Methode der Multi-Perspektivität und Multi-Richtungsorientierung, die Autorität untergräbt. Sie ermöglicht es uns, unsere Handlungsfähigkeit innerhalb institutioneller und kuratorischer Arbeit zurückzugewinnen.

Die Sharing-Zirkel nach dem Panel konzentrierten sich unter anderem auf zwei interessante Aspekte der Diskussion. Erstens wurde diskutiert, dass wir gegen die Gefahr, uns in ausschließende kuratorische Methoden oder generell in ausschließende Praktiken der Institutionen zu verstricken,  uns um unsere Gefühle des Unbehagens kümmern und sie kultivieren müssen. Auf diese Weise können wir es normalisieren, (unangenehme) Diskussionen zu führen, unsere Forderungen und Bedürfnisse zu artikulieren und auch Unterstützungsstrukturen innerhalb und außerhalb der Institutionen aufzubauen, sei es als Angestellte oder als Freiberufler_innen. Diese Debatte intensiviert sich in den folgenden Tagen des Symposiums, wenn es um Zensur und Scapegoating, Arbeitsbedingungen und Vertragsverhandlungen geht. 

Zweitens werden die kuratorischen Fallstricke der Repräsentationspolitik, des Tokenismus und des Gatekeepings  von den Teilnehmenden hervorgehoben. Manchmal werden wir in die Bredouille gebracht und als Vertreter_innen einer bestimmten homogenisierten und marginalisierten Gruppe angesehen. Daher sollten wir bedenken, dass wir auch als Infrastruktur für andere marginalisierte Künstler_innen und Kulturschaffende, Akademiker_innen und Praktiker_innen dienen müssen, die noch kommen werden. Wir sollten uns bewusst sein, dass auch wenn unsere kuratorische Arbeit kritisch sein mag, wir oft immer noch die Bedürfnisse eines problematischen Publikums befriedigen, um unsere Projekte zu realisieren und unsere Karrieren voranzutreiben. Daher ist es auch entscheidend, zu reflektieren, wie sehr wir von den Kämpfen unserer Gemeinschaften profitieren.

« Meine Reflexionen über die Collage nicht nur als Methode des Kuratierens, sondern auch als Methode der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Arbeitens während unseres Symposiums lauten: Welche Worte können kollektive Handlungsfähigkeit im Raum des Symposiums beschreiben? Sind unsere Perspektiven verbunden, verflochten, verwoben, getrennt oder entfremdet? Was passiert mit unseren Gefühlen und Ängsten, mit unseren Tränen und Traumata? Wer fehlt im Symposium? Wir bauen gemeinsam Strukturen und Netzwerke auf, artikulieren Forderungen zusammen, aber können wir auch gemeinsam unterdrückende Mauern einreißen?

« Menschen mit vielen Privilegien können sich vom Gefühl der Unbehaglichkeit zurückziehen – Menschen mit wenig oder keinen Privilegien können dies möglicherweise nicht. (Ehemals) marginalisierte Personen können mächtige Positionen innerhalb von Institutionen erreichen und zu „einheimischen Informanten“ 9 werden, die ihren Status wahren. Sie behalten ihre Position bei, indem sie den strukturellen Mächten, die sie zunächst marginalisiert haben, Beihilfe leisten. Können wir diese Art von einheimischen Informanten „toxische Token“ nennen? »


Kuratieren von Konflikten, Zensur und Scapegoating in Deutschland und darüber hinaus

Die Panels „Zensur und Scapegoating“ und „Kuratieren von Konflikten“ behandeln das Thema Konflikte und Komplizenschaft in den Bereichen Kunst und Kultur. Konflikte können zu Scapegoating, also Sündenbockmachung, und Zensur durch kulturelle Institutionen führen, insbesondere durch Machthaber_innen wie Direktor_innen.

Die Panelist_innen argumentieren, dass die erwähnten Machthaber_innen und viele andere oft nach einer Art Schnelllösung für Konflikte streben. Manchmal unterdrücken sie sogar kritische Stimmen, um Konfrontationen und Rechenschaftspflicht zu vermeiden und ihr Privileg, sich nicht unwohl zu fühlen, aufrechtzuerhalten. Dementsprechend sollten wir als Künstler_innen und Kulturschaffende aller Art uns mehr damit befassen, Konflikte kollektiv anzugehen. Gleichzeitig erfordert dies viel Widerstandsfähigkeit und Stärke, da Kritik außerhalb eines festgelegten institutionellen Rahmens oft als Angriff wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang befürwortet ein Panelist die Methode der „gezielten Schaffung von Konflikten im Raum der Lügen“, um Strategien der Unterdrückung und Zensur innerhalb von Institutionen und in öffentlichen Debatten zu konfrontieren.

Das von einemeiner Panelistin betonte Beispiel ist das Thema jüdischer Identitäten in Deutschland und wie kulturelle Institutionen damit umgehen. Oft werden jüdische Identitäten im deutschen Diskurs vereinnahmt. Öffentliche Kritik von linken Juden, die deutsche Politik ins Visier nehmen, wird in den Medien und institutionellen Debatten abgetan. In vielen Fällen drehen sich Diskussionen über jüdische Identitäten und Antisemitismus mehr um Deutschland selbst als um die Förderung heterogener jüdischer Perspektiven und den Schutz jüdischen Lebens. Dies geht einher mit der Ignoranz gegenüber jüdisch-muslimischen Beziehungen und Allianzen, Koalitionen innerhalb des globalen Südens, palästinensisch-israelischen Koalitionen und vielen anderen.

Der Sharing Circle diskutiert auch über die documenta fifteen und wie politische Entscheidungsträger in Deutschland mit den kuratorischen Konflikten umgegangen sind, was zeigt, wie tief Rassismus und Antisemitismus noch in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sind. Rassismus und Antisemitismus wurden (und werden immer noch) zu Waffen gegen die Menschen, die davon betroffen sind. Die öffentliche Debatte und die Schritte, die nach der documenta fifteen unternommen wurden, zeigten, dass die Identitäten marginalisierter und rassifizierter Menschen durch den Rahmen der deutschen Identität bewertet werden. Dies betrifft Teile-und-Herrsche-Taktiken durch den deutschen Staat in Hinblick darauf, welche Forderungen von lokalen und internationalen sozialen Bewegungen öffentlich anerkannt oder diskutiert werden und welche zum Schweigen gebracht oder kriminalisiert werden (Afghanistan, Iran, kurdische Bewegungen, Palästina usw.).

Die Sprachpolizei und Zensur innerhalb und außerhalb deutscher Institutionen führen zunehmend zu einer Selbstzensur betroffener Menschen. Arbeitsplätze, Verträge und berufliche Reputationen und Existenzgrundlagen stehen auf dem Spiel. Die Diskussionsteilnehmenden stellen auch die Frage, wie wir uns davor schützen können, vom Staat überwacht und bestraft zu werden. Eine Schlussfolgerung war, dass wir weiterhin Koalitionen und Bündnisse schaffen müssen, die entscheidend sind, um Räume kritischer Debatten aufrechtzuerhalten.


(Un)abhängig sein: Künstler_innen/Kulturschaffende und staatliche Förderung

Räume für kritische Debatten und Diskurse innerhalb von Institutionen sind für Künstler_innen und Kulturschaffende größtenteils durch staatliche Förderung zugänglich. Die Förderung im Bereich Kunst und Kultur in Deutschland wird vom Staat gewährt und ist motiviert durch soziale Trends, identifiziert durch (kulturelle) Politik, Aktivismus und politische Agenden. Staatliche Förderung führt jedoch oft zu komplexen Beziehungen der Wechselwirkung und Abhängigkeit zwischen dem Förderer und der geförderten Person oder Gruppe, da sie Fragen der künstlerischen Freiheit, des Anspruchs auf das Kunstwerk und viele andere beeinflusst.

Ein Beispiel ist das Engagement mit der gewaltsamen Kolonialgeschichte Deutschlands, das erst 2018 in den Koalitionsvereinbarungen der Bundesregierung umgesetzt wurde und zu einer Vielzahl von Förderungen für dekoloniale Kunst, Projekte und Forschung führte.

«Der Mangel an Nachhaltigkeit aufgrund der begrenzten Finanzierung dieser Projekte dient dazu, den Status quo der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Die Förderung wird für Projekte gewährt, endet aber oft, bevor strukturelle Veränderungen eintreten können.»

Unter Berücksichtigung der Bedingungen staatlicher Förderung und der damit verbundenen Unsicherheit engagieren sich die Teilnehmenden des CCC an den Tagen zwei und drei in der Erstellung eines Verhaltenskodexes. Der Verhaltenskodex umfasst Ideen zur Schaffung von Netzwerken, zur Zusammenarbeit mit Institutionen, zur Fokussierung auf Vertragsverhandlungen sowie zur Kenntnis von Arbeitsrechten und rechtlichen Begriffen. Dies betrifft sowohl Angestellte als auch Freischaffende. Da wir für einen Kunstmarkt produzieren, ist es wichtig, die Bezahlung für Nachbesprechungen, Vor- und Nachsorge sowie das Schreiben langer Anträge zu normalisieren.

Ein Verhaltenskodex kann als ein Rahmen von Leitprinzipien verstanden werden, einschließlich Verantwortlichkeit, Inklusivität und antidis­kriminierendem Ansatz, gegenseitigem Respekt und Arbeitsbedingungen. Verhaltenskodizes schaffen Bedingungen für Arbeitende und Institutionen hinsichtlich ihrer Zusammenarbeit, auf die sie sich einigen und auf die sie sich verlassen können. Ein entscheidender Aspekt der Diskussion ist die Verhandlung von Verträgen unter Berücksichtigung der Verwundbarkeiten von Freischaffenden und Angestellten gleichermaßen (siehe CCC-Plakate). Die Diskussionsteilnehmer_innen sind sich einig, dass Unterstützungs- und Kommunikationsstrukturen außerhalb von Institutionen sehr hilfreich sein können, um Wissen und Ressourcen zu rechtlichen Aspekten zu teilen. Mentor_innen, z.B. Ältere, die bei der Bürokratie helfen, sind nötig, um sicherzustellen, dass keine Bestimmungen zur Polizeiarbeit, Diskriminierung und Zensur in den Verträgen enthalten sind. Darüber hinaus betonen viele Diskussionsteilnehmer_innen die Notwendigkeit zur Gewerkschaftsbildung und Organisation sowie die Anrufung bestehender Beratungsorganisationen wie Diversity Arts Culture in Berlin. All diese Maßnahmen schaffen mehr Selbstvertrauen und Wissen, um Forderungen zu formulieren, anstatt darauf zu warten, bis Erlaubnis erteilt wird.

Einige weitere Fragen der Gruppe zu Verträgen und Arbeitsbedingungen sind:

  • Was brauchen wir, um uns in unseren Arbeitsumgebungen sicher und geschätzt zu fühlen?

  • Wie können wir uns daran gewöhnen, unsere Bedürfnisse und Wünsche zu artikulieren?

  • Was sind die Bedingungen für die Kommunikation, Arbeitszeiten und den Zugang zu institutionellen Ressourcen (z.B. Material, technische Unterstützung)?

  • Wer ist der Ansprechpartner?

  • Wie gehen wir mit Visa-Fragen, Eigentumsrechten an der Arbeit oder geteiltem Wissen um?

  • Kann der Vertrag Aspekte der Prozessorientierung und Flexibilität bezüglich des Kunstwerks enthalten?

  • Wie gehen wir mit Diskriminierung um (Diskriminierung von Menschen, die neurodivergent sind, von Rassismus, Klassismus, Sexismus, Altersdiskriminierung und Ableismus betroffen sind)? Was sind die Strukturen der Rechenschaftspflicht und des Schutzes?


Artikulation unabhängiger Visionen und Schaffen von Fürsorgenetzwerken

Die meisten Panels und Diskussionskreise des dritten Tages, z. B. „Ein Manifest für radikale Fürsorge oder wie man Mensch in den Künsten ist“ und „Kuration als pflegende Angehörigkeit“, unterstreichen eine wichtige Beziehung: Einerseits das entscheidende Wissen über Gesetze, Rechte und Arbeitsbedingungen innerhalb von Institutionen und das Engagement, um zu strukturellen Veränderungen hin zur Gleichberechtigung beizutragen. Andererseits die Entwicklung unserer Visionen und Ziele, die unabhängig vom Status quo sind, aber auf Praktiken der Fürsorge ausgerichtet sind.

Während es wichtig ist, über die Institutionen Bescheid zu wissen, für die wir arbeiten (als Angestellte) oder mit denen wir arbeiten (als Freischaffende), sollten wir uns nicht darin erschöpfen, bestehende organisatorische Strukturen im Bereich Kunst und Kultur nur zu verändern und neu zu kontextualisieren. Es muss Raum und Energie geben, um ganz eigene Visionen und Träume zu schaffen, anstatt nur den Bedürfnissen und Wünschen der Institutionen zu „dienen“. Die Diskussionskreise erörtern einerseits die Idee, stärker von kollektiven positiven Werten und nachhaltigen Visionen für Kunst, Kultur und Gesellschaft angetrieben zu sein, anstatt in Konflikten mit Institutionen defensiv zu sein. Andererseits ist Defensive manchmal ein Zeichen dafür, dass man sich nicht gehört oder gesehen fühlt und anerkannt werden muss. Inspiriert von feministischen kuratorischen Methoden, neben vielen anderen, sollten wir uns auf Fürsorge und Empathie als Gemeingüter konzentrieren.

In diesem Zusammenhang, wie im letzten Diskussionskreis des dritten Tages hervorgehoben, ist es auch wichtig, die Arbeit derjenigen zu würdigen, die den Weg für uns geebnet haben.

«Aber wer sind „wir“ und „unsere“ Werte?»

«Müssen wir uns in Bezug auf das definieren, was wir ablehnen? Gibt es Raum, um etwas Neues zu erfinden?»


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Curating through Conflict with Care, 2022

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Institutionalisierung des Konflikts

Post-Konflikt oder Institutionalisierung des Konflikts
von Rubén Ojeda Guzmán
2023

Fast zwei Monate sind seit dem CCC-Symposium vergangen und es ist an der Zeit, zu reflektieren, was passiert ist, und die entsprechenden Erzählungen herauszuarbeiten. Ich werde mich auf drei Themen konzentrieren, die während des Symposiums meine Aufmerksamkeit erregt haben: institutionalisierter Konflikt, institutionelle Porosität und das Schlachtfeld. Diese Themen stehen in Zusammenhang mit meiner Erfahrung als Künstler, der sich aufgrund der Gewalt und Militarisierung im Krieg gegen Drogen in einer Art selbst auferlegtem Exil befindet.


Diese Situation hat mich wiederholt dazu veranlasst, die historische, philosophische oder soziale Funktion meiner künstlerischen Praxis und des Kunstsystems im Allgemeinen zu hinterfragen. Besonders wenn man bedenkt, dass die aus Krisen resultierende Diaspora, die sich über Europa erstreckt, im Kunstbereich eine einzigartige Bedeutung annimmt. Eine Europatournee zu unternehmen verleiht dem Lebenslauf des Künstlers, wenn man es vom Ort des Aufbruchs betrachtet, ein besonderes Gewicht und erregt beträchtliche Aufmerksamkeit.


Diese, um es salopp auszudrücken, adelsähnliche Situation der Anerkennung künstlerischer Karrieren durch ein Zentrum – mit Stopps in Madrid, Berlin oder London – zielt auf Institutionalisierung ab. Doch zugleich beziehen Künstler_innen und Kurator_innen aus dem sogenannten globalen Südens durch Rebellion, Reaktion auf Konflikt und Ausdruck von Krisen deutlich Stellung. Wie kann man diesen widersprüchlichen Impuls zur Verkörperung der Krise mit dem Wunsch nach Institutionalisierung in globalen Zentren in Einklang bringen?


Ich möchte glauben, dass dieser Kampf um Institutionalisierung neben einem möglicherweise narzisstischen Streben auch ein Streit um die historische Erzählung der Kunst ist. Ich glaube dies, weil der Weg zur Institutionalisierung sowohl bürokratisch als auch sozial ist und nur wenigen zugutekommt, obwohl künstlerische, kuratorische und verwandte Arbeiten im Übermaß entstehen. Das Zentrum übt eine doppelte Kraft aus: Anziehung und Zentrifugation, wobei alles so schnell auf es zuströmt, dass die Reaktion eine zentripetale Kraft ist, die alles nach außen drängt und marginalisiert.


In dieser Metapher ist das Museum eine Zentrifugalkraft, die als kultureller Wirbel betrachtet werden könnte, der Künstler_innen, Kritiker_innen, Kurator_innen und andere kulturelle Akteur_innen mittels des Versprechens von Anerkennung, Prestige und Sichtbarkeit in seinen Kern zieht. Doch einmal im Inneren des Wirbels gefangen, ist man in einer kreisförmigen Bewegung gefangen, in der dieselbe Struktur, die einen zum Zentrum gezogen hat, einen auch marginalisiert oder hinsichtlich des Zugangs, der Anerkennung und der vollen Teilnahme einschränkt.


Dennoch haben Wirbelbewegungen oft eine gewisse Durchlässigkeit an ihren Rändern, und die Kunstinstitution ist ebenfalls porös: Sie erlaubt den Ein- und Ausgang von Objekten, Subjekten und Diskursen. Sie gestattet ein gewisses Maß an Eintritt und Teilnahme, auch wenn sie eine zentralisierte und exklusive Struktur in ihrem Kern aufrechterhält. Die Maschinerie lässt Trends herein und filtert sie. Sie instrumentalisiert Krisen, die in Konfliktzonen oder bei rassifizierten und sexuellen Minderheiten lokalisiert sind. Institutionelle Porosität dient einer politischen Agenda. Die Maschinerie ist ein politisches Spektakel und nährt sich von der kritischen Natur der Kunst.


Aber das Museum muss erobert werden. Auch wenn es später erneut angefochten werden muss. Was sicherzustellen ist, ist die unbestimmte Natur des ‚Künstlerischen‘ und damit des Dissenses. Da Kunst ein Konzept ohne Definition ist, welche  Institutionen behaupten, bereitzustellen, muss dieseangefochten werden. Kunst ist ein Schlachtfeld. Kunst ist Konflikt.


Manufacturing Consent in Deutschland

Von Konflikten lernen

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Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Eine polyphone Hypothese

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CCC Symposium Programm 2023

Über CCC

Curating through Conflict with Care, 2022

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Offene Fragen und Wunschliste

Ressourcen für die Finanzierung

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Ressourcen für die Finanzierung

Auflistung ohne Gewähr. Diese Liste wurde während des Symposiums 2023 in Berlin zusammengestellt („Hinzufügen und Foto machen“). Für den Kontext empfehlen wir, eigene Recherchen anzustellen. Wir empfehlen auch das White Pube mit einer Bibliothek für erfolgreiche Projektanträge https://thewhitepube.co.uk/funding-library/

ARAB FUNDS FOR ARTS + CULTURE

IWMF- INTNL Womans Media Foundation

CAMARGO Foundation 

BALDWIN FOR tHE ARTS

INTERFLUGS

Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung

NeU Start Kultur

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

DurchStarten

VG Bild Kunst Projet Fund

Stiftung Kunstfonds

Spartenoffene Förderung

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CCC Symposium 2023 mit Textbeiträgen

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Curating through Conflict with Care, 2022

Ein Rezept für Landanerkennungen.

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Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

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Institutionalisierung des Konflikts

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Überlegungen zum CCC-Symposium 
von Mon Sisu Satrawaha มอ่ น ศศิุสาตราวาหะ 
2024

Nach meiner Teilnahme am CCC-Symposium (Curating through Conflict with Care) blicke ich von Zeit zu Zeit zurück und denke an den Dialog zwischen den anderen Teilnehmer_innen vor der Abschlusssitzung. Als wir die Ergebnisse unserer Gruppendiskussionen austauschten, gingen wir, wenn ich mich recht erinnere, in eine lebhafte Debatte darüber über, ob es möglich ist, unsere Wünsche an die Institutionen heranzutragen und einen Wandel herbeizuführen. Die Teilnehmer_innen des Symposiums kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Regionen, doch komischerweise waren die Konflikte, die wir durchlebten, universell. 

In diesen Gesprächen tauchte der Gedanke der Solidarität und der potenziellen gewerkschaftlichen Organisation auf, was wiederum zu Fragen nach den Nutznießer_innen einer solchen Einheit führte und danach, ob sich dieser idealistische Impuls mit dem inhärent kapitalistischen Charakter der Kunstwelt vereinbaren lässt. 

Ich verließ das CCC Symposium inspiriert und mit vielen Fragen. Der Grundgedanke der Fürsorge war ersichtlich, aber irgendwie wurde es kompliziert, die Fürsorge in die Praxis umzusetzen, während Konflikte so leicht auftreten können. Ich versuchte, mir den Begriff Fürsorge vorzustellen – ein Begriff, der oft mit kommerziellen Bildern von Umarmungen und freundlichen Gesten aufgeladen ist. Menschen, die sich umarmen, eine Mutter, die ihr Kind mit liebevollen Augen anschaut, Hotelpersonal, das einen mit einem Lächeln empfängt, ein Team von Mediziner_innen, das kranke Menschen heilt. Hängt die Demonstration von Fürsorge vom physischen Ausdruck ab? Kann echte Fürsorge durch verbale Äußerungen angemessen vermittelt werden? Diese Überlegungen ermutigen zu einer zaghaften Bereitschaft, neue Dimensionen der Fürsorge zu erkunden.  

Wenn es um institutionalisierte Care-Praktiken geht, scheinen diese noch weit entfernt zu sein von der eigentlichen Fürsorge. Machtungleichgewichte und der trügerische Schein trüben die Aufrichtigkeit der Fürsorge. Dennoch gab es eine Zeit lang verschiedene Aktionen – Forderungen nach gerechtem Lohn, nach inklusiver Zugänglichkeit für marginalisierte Gruppen (BIPOC, LGBTQIA+, Menschen mit Behinderungen) und nach dem Fördern der Interdependenzen zwischen Menschen und der nicht-menschlichen Sphäre. Solche Forderungen haben sich dauerhaft gehalten, von der Zeit vor der Pandemie bis heute, und unterstreichen die wiederkehrende Notwendigkeit von Verbesserungen. 

Auch wenn es ziemlich düster klingen mag: Ich sehe es als ein gutes Zeichen, dass wir uns über die Probleme einig sind, die wir anerkennen müssen. Wie Zhang Tian in ihrem Manifest, das bei unseren Leserunden großen Anklang fand, erwähnte, müssen auf dem Weg zu einer “Care Economy“ Grenzen gesetzt und respektiert werden. Um Fürsorge zu stärken, brauchen wir ein unerschütterliches Engagement für sie und einen entschiedenen Widerstand gegen Ungerechtigkeit. Während systemische Gewerkschaftsbildung einengend erscheinen mag, kann ein organischer Ansatz eine Option sein. Er kann damit beginnen, eine einfache, aber tiefgründige Frage zu stellen: „Wie geht es dir?“, mit Gesprächen beim gemeinsamen Essen oder bei der Teilnahme an einem Symposium. In der Hoffnung, dass sich diese kleinen Schritte in ein harmonischeres, fürsorgliches künstlerisches Ökosystem einfügen werden.

Quellen 

Ndikung, Bonaventure Soh Bejeng, The Delusions of Care, Berlin 2021.

von Bismarck, Beatrice, und Meyer-Krahmer, Benjamin (Hrsg.), Cultures of the Curatorial 3: Hospitality. Hosting Relations in Exhibitions, Berlin 2015.

k\are (Habraschka, Agnieszka, and von Matt, Mia), “Collective Care Manifesto”, in: Elke Krasny, Sophie Lingg, Lena Fritsch u.a. (Hrsg.), Radicalizing Care. Feminist and Queer Activism in Curating (London/Wien 2021), S. 92-97.

Zhang, Tian, “A manifesto for radical care or how to be a human in the arts”, in: Sydney Review of Books, Juli 2022, https://sydneyreviewofbooks.com/essay/a-manifesto-for-radical-care-or-how-to-be-a-human-in-the-arts/ (abgerufen am 4. April 2024).

Sharing is Caring: Support-Systeme

Ein Gedicht: Miete ist fällig

Unbehagen Pflegen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Eine polyphone Hypothese

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Offene Fragen und Wunschliste

Institutionalisierung des Konflikts

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

von Maike Siu-Wuan Storf
2023

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm. Ich, die ich mich bisher vorwiegend in artifiziellen Räumen aufgehalten habe, halb Aquariumszucht, halb Tafelschwamm, sauge mich mit Meerwasser auf. Lasse mich umfließen von Gedanken, Ideen, Gefühlen, Worten, Menschen, von den Themen und Inhalten, von der Fürsorglichkeit, mit der diese Veranstaltung kuratiert wurde, und von den Begegnungen dazwischen. Ich bin ein sehr schüchterner Schwamm und als das Mikrophon die Runde macht, die Gedanken abschließend zu teilen, habe ich Angst, aus meinem Mund käme nur Wasser, salzig und bittersüß, ungefiltert. Einen Moment später nehme ich mein Kind nach dem Papa-Wochenende am U-Bahnhof in Empfang und tauche mit ihm für einen kurzen Moment zurück die Runde, lasse ihn im Licht der zärtlichen Blicke paddeln und bin dankbar, dass ich in diesem Kreis Teil sein durfte. Ich werde ihm davon erzählen. Dass ich als Schwamm davon gehört habe, wie es sein könnte, mit Delfinen zu schwimmen und wie viele Geschichten im Miteinander zu finden sind.


Mein Kind ist tatsächlich für mich zum Kompass oder zu einer Art Symbolfigur in den Fragen um Kunst, Kuration und Care geworden. Die Verantwortung für und die Auseinandersetzung mit diesem kleinen Menschen fordern mich, mit meinem Außen und meinem Inneren in Konflikt zu gehen, anstatt mich in fantastische Parallelwelten zu flüchten. Das ist eine persönliche Erfahrung meiner Elternschaft, die ich in keiner Weise verallgemeinern oder voraussetzen möchte.

Aber diese Erfahrung hat mich aus mit Salz angereichertem Süßwasser in Salzwasser versetzt. Ich kann mich nicht mehr so bewegen wie vorher, muss eine neue Form finden und den Rahmen, den ich Kunst gegeben habe, immer wieder neu in Frage stellen. Als Mensch und als Künstlerin. 


„Social Sustainability“ ist der Building Block, über den ich während des Symposiums mit einem Delfinschwarm diskutieren und gemeinsam denken darf. Wir stellen fest, dass wir uns nach zwei Formen von sozialer Nachhaltigkeit sehnen. Wir wünschen uns langlebige Solidarität, Loyalität und Verbindlichkeit in unseren Arbeitskontexten, um angstfrei agieren zu können, und wir wollen unsere Arbeiten nachhaltig, barrierefrei und nicht elitär zugänglich und wirksam machen. Die Trennungen und Hierarchien zwischen Inhalt und Vermittlung auflösen. Und es soll Essen dabei geben. Ich kann mir vorstellen, dass das Geheimnis der Umsetzung in einer Symbiose aus Kunst, Konflikt und Care besteht. Wenn wir Kunst als eine Form der Care-Arbeit verstehen, mit der wir Konflikten begegnen können und gleichzeitig Care-Arbeit als Kunst umdeuten, die uns hilft, Konflikte zu verhandeln. Das mag zu einfach gedacht sein, aber es könnte auch ein kleiner Fels im wilden Gewässer sein, an dem ich mich festsauge und von dem aus ich weiter Wasser aufnehme. Kunst könnte das Spielfeld sein, auf dem wir für eine bessere Gesellschaft üben und unsere Forderungen an sie formulieren.


Insofern weiß ich eins sicher: Wenn das, was in diesen drei Tagen stattgefunden hat, einen Namen braucht, dann ist das Wort dafür „Kunst“. Ganz tief in meinen schwammartigen Zellstrukturen fühle ich, ich habe an einem sehr besonderen Moment teilgehabt. Ich bin ein glücklicher Schwamm. Das waren drei wunderschöne Tage am Meer im Aquarium am Kottbusser Tor.


Sharing is Caring: Support-Systeme

Ein Gedicht: Miete ist fällig

Curating through Conflict with Care, 2022

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Eine polyphone Hypothese

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Konflikt als Methode: Überlegungen zum gemeinsamen Lernen im Symposium (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Institutionalisierung des Konflikts

Offene Fragen und Wunschliste

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ressourcen für die Finanzierung

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Sich zu verbünden bedeutet zu sprechen

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Unbehagen Pflegen

Was sind legitime Gründe für die Behauptung einer Identität?

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

Sharing is Caring: Support-Systeme

  • Organisieren erfordert den Aufbau von Vertrauen. Die erste Frage, die wir uns stellen, wenn wir zusammenarbeiten wollen, ist: Was brauchen wir, um uns sicher zu fühlen, um mit jemand anderem arbeiten zu können? Wir kommen auf diese Frage zurück und diskutieren sie häufig.

  • Co-Mentorships eingehen: gegenseitige “Check-Ins” organisieren, Ressourcen teilen und einladen, Aufgaben und Rollen untereinander zu teilen.

  • Anderen, die in der gleichen oder ähnlichen Position sind, anbieten, den Vertrag und die Verhandlungssprache zu teilen.

  • Wenn eine Einladung nicht angenommen werden kann, eine andere Person vorschlagen. Durch Co-Mentorship Arbeit übernehmen.

  • Wenn eine Vereinbarung oder eine Frist, die mit Mitarbeitenden getroffen wurde, nicht eingehalten werden kann, dies so schnell wie möglich mitteilen UND Alternativen vorschlagen, damit die Arbeit nicht ohne Zustimmung auf eine andere Person übertragen wird.

  • Institutionen, die mit Dir zusammenarbeiten wollen, bitten, einen monetären Beitrag an eine Organisation oder Gemeindegruppe zu leisten, die deine Arbeit aktiv oder ideell unterstützt hat. 

  • Klatsch ist politischer Widerstand: Teile Warnungen über institutionelle Ausbeutung mit, um andere zu schützen. 

  • Bei Unannehmlichkeiten präsent sein: Wenn jemand bei der Arbeit verletzt wird, Hilfe anbieten und Raum für private Konfliktschlichtung und Verantwortlichkeiten-Prozesse schaffen.

Die folgenden Inhalte wurde u.a. während der Workshops auf dem Symposium Curating through Conflict with Care 2023 gesammelt:

Manufacturing Consent in Deutschland

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Ein Rezept für Landanerkennungen.

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Von Konflikten lernen

Ressourcen für die Finanzierung

Offene Fragen und Wunschliste

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Unbehagen Pflegen

Die Freundlichkeit der Anderen in der deutschen Kunstpädagogik
von Felisha Carenage
2024

Die Wörter „Pflegen“ und „Sorgen“ können im Deutschen auch das „Verursachen“ meinen.  „Unbehagen pflegen“ kann im Sinne von  „für Unruhe sorgen“ verwendet werden: also im Sinne von Unruhe schaffen oder Unbehagen verursachen. „Unbehagen pflegen“ kann aber auch wörtlich verstanden werden als „Konflikte mit Sorgfalt angehen“. 

Unbehagen Pflegen ist also der Name eines Projektes, das ich zu Beginn des Schuljahres 22/23 initiiert habe. Das einjährige Ausbildungskonzept für Kunst- und Designstudierende an der Muthesius-Hochschule in Kiel, Deutschland, beinhaltet kollektives Lesen, kollektives Schreiben und den Besuch von Ausstellungen, Vorträgen und Installationen mit Blick auf Critical Race Theory und soziales Engagement. Ich nehme an, dass dieser Essay zeigen wird, wie ich in die Falle der Kunstvermittlung 10 getappt bin (eine anstrengende Art von Minderheitensteuer, die Menschen zahlen, wenn kritische Positionen nicht gut aufgenommen werden), und dass ich versuche, diesen Umstand zu navigieren, um „Gemeinschaft“ zu finden und aufzubauen.

Sommer 2022

Der erste Post-Pandemie-, Post-George-Floyd- und Post-Zoom-Sommer in Europa war gefüllt mit mehreren Kunstbiennalen, einer Triennale, der Art Basel und 100 Tagen documenta 11 , einer Ausstellung, die alle fünf Jahre die gesamte Stadt Kassel einnimmt und in den 1950er Jahren mit dem Ziel gegründet wurde, das Image Deutschlands in der Kunstwelt zu verbessern 12 .

Ich verbrachte ein Wochenende auf der documenta fifteen und besuchte mehrmals die 12. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst. Ich kannte die auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Arbeit des Kurators und seiner Mitarbeiter aus einer Institution, die nach 2020 nie wieder eröffnet wurde: La Colonie 13 in Paris, wo ich seit meinem Studienabschluss 2017 gelebt hatte. Außerdem wurden zu dieser Zeit viele Kulturfördermittel für dekoloniale Arbeit in Institutionen vergeben, insbesondere für Künstler_innen mit sogenanntem „Migrationshintergrund“. Ich war begeistert, so viele junge, interessante Künstler_innen, Schriftsteller_innen und Kurator_innen in Räumen des Austauschs zu sehen, und saugte Informationen, Eindrücke und Strategien auf. 

In Kassel war ich auf der documenta fifteen im Alice Yard 14 untergebracht und tauschte mich mit anderen zwei- und dreisprachigen Künstler_innen und Kulturschaffenden aus, von denen einige während des „langen Sommers der Migration“ 15 als Teenager nach Deutschland gekommen waren. Als ich über meine Postgraduierten-Forschung zu Hafenstädten in Norddeutschland sprach, erwähnte ich, dass viele Menschen durch strukturelle und infrastrukturelle Diskriminierung unsichtbar gemacht wurden, sodass es nicht allgemein akzeptiert wird, dass Deutschland eine Postmigrationsgesellschaft ist 16 . Daraufhin rief ein Kollege den englischsprachigen Wikipedia-Artikel über das Land Deutschland auf, um Statistiken zu finden, die beweisen, dass nicht-weiße Menschen tatsächlich eine demokratisch unbedeutende Minderheit sind. 

Was kostet es, sich ein Gemälde anzuschauen? 

An diese Orte zu reisen und Kunstwerke und Dialoge aus erster Hand erleben zu können, ist ein integraler Bestandteil der Ausbildung, die ich im Rahmen meines Masters of Fine Art erhalten hatte und an der ich nun aktiv teilnahm. Seit 2017 habe ich immer wieder bescheidene Lehraufträge an der Muthesius-Hochschule. Die Freiheit, mit der ich meine Themen wählte, ist typisch für das deutsche Kunstausbildungssystem, das zugleich berühmtermaßen liberal und berüchtigt für das Ego seiner Professor_innen ist 17 18

Nicht verhandelbar für die Zulassung zu den meisten deutschen Studiengängen – insbesondere an Kunsthochschulen – ist jedoch die Sprachvoraussetzung. Nicht-europäische, nicht-deutsche Studierende müssen extrem fortgeschrittene Deutschkenntnisse haben, um immatrikuliert zu werden, um ein Visum zu erhalten. Die Erlaubnis, sich in Deutschland aufzuhalten, erkauft mit der Komplizenschaft, sein Leben und seine künstlerische Praxis in einer oft heftig fremdenfeindlichen Sprache zu führen 19 , bedeutete Zugang zu ganz Europa, zu Kunst in Museen und Messen und offenen Räumen. 

Das Wintersemester 22/23 begann gerade, als die 59. Biennale del Arte in Venedig zu Ende ging; diese Ausstellung ist praktisch die Olympiade der Ausstellungen, bei der die Werke der Künstler_innen in Pavillons gezeigt werden, die einzelnen Ländern zugewiesen sind, und nicht unbedingt von Galerien oder unabhängigen Vereinigungen. Nach Venedig nahm ich also zum ersten Mal meine Studierenden von Unbehagen Pflegen mit, und es war hier, wo einer von ihnen, der spät und betrunken angekommen war und sich seines Platzes in meiner Klasse, in der Schule, in Europa so sicher war, mit den Worten „Wir sind hier in Deutschland!“ 20 für sein Recht eintrat, eine Störung in meinem Seminar zu bleiben.

Die Freundlichkeit der Anderen

Die Pädagogik, die Unbehagen Pflegen notwendig macht, baut auf meiner eigenen dekolonialen Ausbildung an der Howard University und der University of the West Indies auf, die als Nervenzentren des Widerstands und der Zukunft gegründet wurden. Die prekäre Lage, in die mich mein schwacher Pass und meine persönlichen Umstände gebracht haben, bedeutet, dass ich fast vier Jahrzehnte lang nicht nur von Stipendien und Visa, sondern auch von der Freundlichkeit anderer in den Institutionen abhängig war. 

Aufgrund scheinbar radikaler Bildungssysteme wie denen an den HBCUs 21 und in der englischsprachigen Karibik war ich dazu übergegangen, einige Institutionen zwar nicht als sichere Räume, aber als sicherere Räume (safer spaces) zu betrachten, in denen Zweifel und Ängste, Unreife und Unerfahrenheit angesprochen werden konnten. Das, was diese Systeme radikal machte, war ihre Praxis, ethisch zu sein 22 ; ihre Pädagogik sollte die Schwächen und Sorgen nicht nur der Lehrenden, sondern auch der Studierenden berücksichtigen. 

Dies ist der entscheidende Unterschied zwischen denjenigen Pädagog_innen, Studierenden und praktizierenden Künstler_innen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, und denen, die meinen, von Veränderungen des Status Quo negativ betroffen zu sein. In die Professionalisierung von Hochschulabsolvent_innen zu investieren bedeutet, Studierende auf Karrieren in einer Kunstwelt vorzubereiten, die von ihnen verlangt, für sich selbst einzutreten, und die ihnen den Komfort der Unpolitizität verwehrt. Ich schließe privilegierte Studierende mit finanziellen, sprachlichen und passbezogenen Privilegien davon nicht aus, und es ist auch die Aufgabe der Institution, dies zu tun. Dies, so habe ich in Deutschland gelernt, ist eine große Herausforderung für Pädagog_innen und Verwaltungsangestellte, deren Leben von ihrem freien Gebrauch des Wortes N**** völlig unberührt bleibt. 

Kunstschaffende in einem Nationalstaat, der so zersplittert und so schuldig ist, werden von besonders machtvollen Zerbrechlichkeiten geplagt. Wie können wir freundlich zueinander und zu uns selbst sein?

Sharing is Caring: Support-Systeme

Curating through Conflict with Care, 2022

Tools und Resourcen: wie man sich organisiert

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Raum kuratieren: Bottom-up/Bottom-down/Bottom-around

Eine polyphone Hypothese

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Dokumentation durch Beobachtungen: Wie man Konflikte (nicht) dokumentiert

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Institutionalisierung des Konflikts

Offene Fragen und Wunschliste

Zu Fragen zum Thema Konflikt

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Ressourcen für die Finanzierung

In diesen drei Tagen bin ich ein Schwamm

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Was können wir gemeinsam von Institutionen verlangen? 

(vorläufige Leitlinien für Institutionen, die sich kümmern wollen)


Transparenz 

  • Transparenz über Finanzierung und Budgetierung: Wie kann das Geld für ein bestimmtes Projekt ausgegeben werden? Wie hoch war das Gehalt der letzten Person, die die angebotene Stelle innehatte?

  • Offene Ausschreibungen wirklich offen gestalten: eine offene Sitzung/Versammlung abhalten, Auswahlkriterien und Quoten für eine gerechtere Auswahl transparent machen



Unterstützung für Künstler:innen 

  • Wenn eine Veranstaltung aus Gründen, die die teilnehmende Person nicht selbst zu vertreten hat, abgesagt wird, ist eine Stornogebühr von mindestens 60 Prozent zu zahlen.

  • Unterstützung des Visumverfahrens für Künstler 

  • Bereitstellung eines Reisebudgets und von Tagessätzen für Lebenshaltungskosten 

  • Schaffung von Infrastrukturen und Wohlfühlbudgets für Therapie, Körperpflege usw., wenn Kunstschaffende traumatische Themen und gewalttätige Werke vermitteln sollen

  • Nachfrage, ob Kinderbetreuung benötigt wird, und wenn ja, Bereitstellung dieser Betreuung

  • Unterstützung aufstrebender Künstlerinnen bei der Begegnung mit erfahreneren Künstlerinnen

  • Die Institution sollte die finanzielle Verantwortung für Material, Raum und Transport übernehmen.



Handlundsspielraum

  • Künstler_innen die Kontrolle über die Präsentation ihrer Werke überlassen und sie über den Kontext, in dem ihre Werke gezeigt werden, konsultieren

  • Um Zensur vorzubeugen, keine Entfernung eines Kunstwerks ohne öffentliche Diskussion und Zustimmung des Künstlers_der Künstlerin  



Verantwortlichkeit und Respekt

  • Ein gesundes Maß an Arbeitszeit einhalten, realistische Erwartungen an das Zeitmanagement stellen

  • bei der Einholung von Vorschlägen von Künstler_innen Mittel für die Entwicklung von Ideen bereitstellen

  • Zuweisung von Mitteln für das Engagement in der Gemeinschaft

  • mehr Freiräume für Künstler_innen ohne formale Ausbildung schaffen 

  • Künstler_innen sollten die Möglichkeit haben, die Zusammenarbeit mit der Institution zu beenden, wenn sich das vereinbarte Budget und/oder der Zeitplan als unrealistisch erweisen.

  • Die Logik der Stipendien durchbrechen: Künstlern einen existenzsichernden Lohn für ihre Arbeit zahlen

  • Sicherstellen, dass Menschen, die nicht in Wettbewerben ausgewählt werden, etwas von dem Prozess haben: Austausch von Fähigkeiten, Vernetzung, Zugang zu institutionellen Ressourcen


Wie können wir uns AUSSERHALB von Institutionen organisieren?



Investition in unsere eigene Kommunikationsinfrastruktur: 

  • Einrichtung von Online-Listen, Telefon-Chat-Gruppen und vor allem: 

  • Schaffen von Raum für integrative Gespräche im wirklichen Leben 


Auf eine Gewerkschaftsstruktur für Kunstschaffende hinarbeiten: 

  • Arbeitet auf Arbeitsbündnisse hin, die die gemeinsame Ausbeutung anerkennen, sich um gemeinsame Bedürfnisse kümmern und kollektive Forderungen stellen

  • Nehmt andere mit, bezieht mehr Kunstschaffende in euren Prozess ein


Gelegenheiten an Kolleg_innen vermitteln, wenn ihr sie nicht wahrnehmen könnt: 

  • Nennt Alternativen 


Informelle Strukturen haben ihre Grenzen: 

  • Wir brauchen anerkannte Rechte und das Recht, Institutionen zu sanktionieren 

  • Wissen um eigene Rechte


Wie können wir uns INNERHALB von Institutionen organisieren?



Vorsorgerichtlinien für freiberufliche Künstler, die mit Institutionen zusammenarbeiten



Notwendige Schritte, um das eigene Wertesystem zu definieren:

  • Abschaffung der verinnerlichten Gatekeeper des „Künstler_innen“-Berufs → aktiv gegen diese elitäre Agenda vorgehen

  • Aufgeben von Selbstwertgefühlen, die mit Exklusivität verbunden sind → Du  kannst andere mitnehmen, du musst diese Arbeit nicht allein machen

  • Beharren auf der Grenze/Trennung von geschäftlichen und persönlichen Beziehungen, wenn eine Bekanntschaft dich in die institutionelle Arbeit einlädt (keine Ausnutzung der „Freundschaft“)

  • Festlegen der eigenen Erwartungen an das Auftreten in der Rolle der Künstler_in:

„Um mich bereit zu erklären, an einem Panel teilzunehmen, benötige ich… _____“ (berücksichtige neben deinen eigenen Bedürfnissen auch die der Gemeinschaft)

Du kannst fragen:

  • Aus welchen Gründen wurde ich eingeladen? Wer wird noch mit mir an diesem Panel teilnehmen? Gibt es mehr als eine Person zur  „Repräsentation“ einer marginalisierten Gruppe, um Tokenismus zu vermeiden?

  • Gibt es verschiedene Perspektiven? Wer ist eingeladen? Wer ist nicht eingeladen?

  • Gibt es einen lokalen Vertreter_in? Respekt für den lokalen Kontext

  • Ist das Gespräch niedrigschwellig zugänglich? Gibt es einen barrierefreien Zugang (Rampen), Gebärdensprachdolmetscher, Freikarten für einkommensschwache Teilnehmende?

Vorbereitung um dein/unser eigenes Interesse zu kommunizieren:

  • Verhandlungsgespräche mit einereinem Freundin oder vertrauenswürdigen Kolleg_in durchspielen

  • Bitte einen Ältesten oder einen Mentor, dich in deinemVerhandlungsprozess zu unterstützen. Sie können als dein zweites Paar Augen, dein Agent, dein Assistent oder wie auch immer du es nennen willst, fungieren, um dich in einem ungewohnten Kontext zu unterstützen. Bring eine dritte Person mit, die Notizen macht und die Verhandlungen überwacht.

  • Konsultiere die Referenzen der Einrichtung: Frage Personen, die bereits für diese Einrichtung gearbeitet haben, nach ihren Erfahrungen.

  • Bevor du einer Zusammenarbeit mit einer Einrichtung zustimmst, stell die folgenden Fragen (sei bereit, Arbeit zu verlieren oder zu kündigen, wenn die Werte nicht übereinstimmen):

Warum bin ich für diese Stelle geeignet?

Wer wird eingestellt, wenn nicht ich?

Sind sie bereit, mir einen Vertrag zu geben?

Wie profitieren sie von meiner Arbeit?

Wie werde ich bezahlt? Wie sieht der Gehaltsplan aus?


Institution Navigieren


Wir sind uns dessen bewusst, dass es Unterschiede zwischen der Zusammenarbeit mit einer Institution als Angestellter und als Freiberuflerin gibt. Wir brauchen kontinuierliche Forschung, um unsere unterschiedlichen Verwundbarkeiten zu definieren. 


Verwundbarkeiten auf der Gehaltsliste

  • Da wir innerhalb der eingefahrenen Machthierarchien der Institution arbeiten, kann es sich als schwieriger erweisen, gehört zu werden

  • weniger Flexibilität bei der Aushandlung der Arbeitsbedingungen, sobald der Vertrag unterzeichnet ist 

  • bei Entlassung kann man die Krankenversicherung verlieren, auf die man mit seiner Familie angewiesen ist

  • enger Zeitplan, weniger Möglichkeiten, sich außerhalb des Arbeitsplatzes zu organisieren


Verwundbarkeiten von Freiberufler_innen  

  • geringere Arbeitsplatzsicherheit, da der Ruf für künftige Aufträge entscheidend ist 

  • weniger potenzielle Unterstützung durch Gleichgesinnte in neuen und ungewohnten Kontexten 



Ob als Angestellter oder als Freiberuflerin, um sich in der Institution zurechtzufinden, muss zunächst das eigene Wertesystem verstanden werden: Was ist dir wichtig? Was benötigst du, um dich unterstützt zu fühlen, um Arbeitsbeziehungen mit anderen eingehen? Wie können vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen aufgebaut und aufrechterhalten werden?


Leitlinien für Kunstschaffende, die in Institutionen beschäftigt sind 


  • Die Infrastrukturen, in die wir eintreten, sind keine fürsorglichen Infrastrukturen → stelle dich auf den Aufbau neuer Prozesse der Verantwortlichkeit und der gegenseitigen Unterstützung ein

  • Stelle eigene Nachforschungen an (rufe ehemalige Mitarbeiter an und frage sie nach ihren Erfahrungen)

  • Schaffe formalisierte Allianzen mit deinen Kolleg_innen → sei solidarisch innerhalb unsolidarischer Strukturen

  • Vertrauenswürdige Mitarbeiter können Co-Mentorinnen und Kameradinnen sein: Setze sie in E-Mails ins CC, nimm sie zu deinen Treffen mit; sie sind deineRechenschaftspartner_innen, deinzweites Paar Augen

  • Synchronisiere kollektive Aktionen und Forderungen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen, nicht persönlicher Beziehungen.

  • Bestehe darauf, dass Repräsentation in Sitzungsgruppen, Arbeitsgruppen, Kommissionen, Jurys usw. wichtig ist.

  • Lerne die finanziellen Strukturen und Mechanismen innerhalb des Systems kennen: elche Gelder fließen z. B. wohin? Wie werden die Künstler_innen bezahlt?

  • Deine Einladung hat Gewicht: Lade Kunstschaffende und Künstlerinnen ein, die nicht zu den Stammgästen oder Anwohnerinnen gehören.

  • Finde Wege, um arbeitslose und freischaffende Kunstschaffende in deinen Kampf für institutionelle Veränderungen einzubeziehen.


Sharing is Caring: Support-Systeme

VERTRÄGE: Worüber verhandelt werden kann

Ein Rezept für Landanerkennungen.

Wie können wir uns organisieren und was können wir von Institution verlangen?

Müssen wir uns mögen, um füreinander zu sorgen? (CCC)

Manufacturing Consent in Deutschland

Konflikte kuratieren ohne Carewashing? (CCC)

Offene Fragen und Wunschliste

Ressourcen für die Finanzierung