Kyiv Perenniale: In Defense of Anonymous Authors – On the Role of the Witness in the Blurred Reality of a Warzone
Präsentation von Yuriy Hrytsyna
Auf Englisch
Seit dem Aufkommen digitaler Technologien und sozialer Netzwerke sind Zeug_innen nicht mehr nur Überlebende, die von Ereignissen berichten, sondern Menschen, die in der Lage sind, das Geschehen aufzuzeichnen und mit anderen zu teilen. Aus Kriegsgebieten – und den sozialen Medien als ihrer Erweiterung – lassen sich ohne Kosten und Konsequenzen Bilder herausziehen. Medien, Öffentlichkeit und Künstler_innen nutzen anonym erstelltes Material, um damit eine zunehmend unzuverlässige Realität zu (re-)konstruieren. Die physische Dimension der Ereignisse wird ausgeblendet, und so wird der Krieg der Bilder zu einem Krieg um Bilder. Anhand von Material, das von Soldat_innen und Zivilist_innen seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine geteilt wurde, beleuchtet der Vortrag die Rolle anonymer Autor_innen als Anthropolog_innen des Krieges und die Bedeutung ihrer herrenlosen Werke für die Erstellung eines imaginären Archivs des Krieges.
Triggerwarnung: Die Präsentation enthält Gewaltdarstellungen und andere potenziell (re-)traumatisierende Inhalte.
Yuriy Hrytsyna ist ein ukrainischer Dokumentarfilmer, Fotograf, Filmkritiker und Arzt. Er beschäftigt sich mit der Fragilität temporärer Archive und dem Mobilisierungspotenzial kollektiver Erinnerung. Sein von der Kritik gefeierter Dokumentarfilm „Varta1, Lviv, Ukraine“ (2016) wurde 2016 mit dem FIPRESCI-Preis des Odesa International Film Festivals ausgezeichnet.